Rheinische Post

Drei Viertel der deutschen Panzer nicht einsatzber­eit

Vor allem das Heer kommt wegen Gerätemäng­eln zunehmend an die Grenze seiner Möglichkei­ten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Auf die Bundeswehr könnten bald noch mehr Aufgaben zukommen, doch schon ihre bisherigen Verpflicht­ungen bringen sie an die Grenze des Machbaren: Dem deutschen Heer mangelt es an einsatzber­eiten Kampfpanze­rn und anderem wichtigen Gerät, wie die „Welt“unter Berufung auf ein vertraulic­hes Papier des Verteidigu­ngsministe­riums berichtete. Auch die Luftwaffe sei kaum in der Lage, ihre Nato-Verpflicht­ungen zu erfüllen, weil die Einsatzber­eitschaft vieler Flugzeuge nicht gewährleis­tet sei.

Das Ausrüstung­sproblem könnte sich verschärfe­n, denn die Verteidigu­ngsministe­r der 29 Nato-Staaten beschlosse­n gestern in Brüssel, ihren Einsatz zur Unterstütz­ung irakischer Soldaten auszubauen, um ein Wiedererst­arken der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) zu verhindern. Die Bundeswehr wird zudem 2019 wieder eine führende Rolle in der sogenannte­n Speerspitz­e des Militärbün­dnisses für rasche Einsätze übernehmen. Der für diese Aufgabe vorgesehen­en Panzerlehr­brigade 9 in Munster stehen derzeit aber nur neun von 44 vorgesehen­en Kampfpanze­rn des Typs Leopard 2 zur Verfügung, wie es in dem Ministeriu­mspapier hieß. Zudem seien von den 14 benötigten Schützenpa­nzern des Typs Marder nur drei einsatzfäh­ig. Gründe sind dem Bericht zufolge die mangelnde Versorgung mit Ersatzteil­en und hoher Wartungsau­fwand. Das Heer wolle versuchen, die „existenten fähigkeits­relevanten Defizite aus Beständen anderer Großverbän­de“zu decken, heißt es in dem Bericht weiter.

Das Bundesvert­eidigungsm­inisterium räumte ein, dass die Einsatzber­eitschaft der Bundeswehr „nicht zufriedens­tellend“sei. „Wir müssen jetzt Einsätze und Bündnisver­teidigung leisten und parallel Schritt für Schritt bis 2030 die Folgen von 25 Jahren Schrumpfku­rs aufarbeite­n“, hieß es in Ministeriu­mskreisen. Den heutigen Bedürfniss­en würden Material und Geräte der Bundeswehr nicht gerecht, aber es seien „Trendwende­n“bei Personal und Material eingeleite­t worden. In der Finanzplan­ung wächst der Verteidigu­ngsetat bis 2021 merklich.

Gründe für die reparaturb­edürftigen Panzer, Flugzeuge und Hubschraub­er sind unter anderem fehlende Ersatzteil­e und fehlendes Wartungspe­rsonal. „Das Problem ist seit dreieinhal­b Jahren bekannt. Da ist es ein Armutszeug­nis, dass Ministerin von der Leyen noch immer keine Besserung vermelden kann“, kritisiert­e Grünen-Politiker Tobias Lindner. „Wir haben ja schon Probleme, die Nato-Einsätze im Baltikum und unsere sonstigen Bundeswehr-Einsätze in Afghanista­n, Mali und im Irak zu bewältigen. Jeder kann sich ausmalen, was das für die Landes- und Bündnisver­teidigung bedeutet.“

Hinzu kommt nun eine neue Ausbildung­smission der Nato im Irak. In Bündniskre­isen wird damit gerechnet, dass etliche Hundert, wenn nicht sogar mehr als 1000 Nato-Soldaten in den Irak geschickt werden könnten. Ob und, wenn ja, wie sich die Bundeswehr beteiligen wird, ist noch unklar. Deutschlan­d leistet bereits mit 120 Soldaten außerhalb des Nato-Rahmens Unterstütz­ung im Kampf gegen den Terror im Irak.

 ??  ?? Ein Leopard-Panzer der Bundeswehr im Manöver.
Ein Leopard-Panzer der Bundeswehr im Manöver.

Newspapers in German

Newspapers from Germany