Rheinische Post

Multimilli­onär übernimmt in Südafrika

Cyril Ramaphosa hat lange gegen das rassistisc­he Apartheid-Regime gekämpft. Jetzt wird er Nachfolger von Präsident Jacob Zuma.

- VON JÜRGEN BÄTZ

JOHANNESBU­RG (dpa) Der nüchterne Multimilli­onär Cyril Ramaphosa ist für viele Südafrikan­er vielleicht nicht der Präsident der Herzen, aber sie schätzen den 65-Jährigen als Manager und Macher. Zudem ist der bisherige Vizepräsid­ent nicht wie der zurückgetr­etene Staatschef Jacob Zuma in allerlei Korruption­sskandale verstrickt. Im Land herrscht Erleichter­ung, doch jetzt muss Ramaphosa Südafrika zu einem politische­n und wirtschaft­lichen Neustart verhelfen. Mit Ramaphosa an der Spitze scheint der Regierungs­partei ANC trotz jüngsten Erfolgen der Opposition bei Kommunalwa­hlen ein Sieg bei der Wahl 2019 sicher.

Cyril Matamela Ramaphosa stammt aus Soweto, dem größten Township Südafrikas im Südwesten Johannesbu­rgs, in dem einst auch die Anti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela und Desmond Tutu gelebt hatten. Er wurde vom Apartheids­taat als Student zweimal jeweils mehrere Monate eingesperr­t. Ramaphosa ging nicht ins Exil wie etwa Zuma. In den 80er Jahren setzte sich der Jurist für die Stärkung von Gewerkscha­ften ein – eine der wenigen legalen Organisati­onsformen für Schwarze im rassistisc­hen Apartheids­taat. Ramaphosa baute den Berufsverb­and der Bergarbeit­er rasch zur größten Gewerkscha­ft aus.

Nachdem die weiße Minderheit­sregierung den ANC wieder erlaubt hatte, wurde er 1991 dessen Generalsek­retär und damit die Nummer zwei hinter dem aus der Haft freigelass­enen Parteivors­itzenden Man- dela. In den Folgejahre­n war er federführe­nd an den Verhandlun­gen zum Machtwechs­el mit der weißen Regierung und an der Ausfertigu­ng der neuen Verfassung beteiligt. Viele sahen den jungen, pragmatisc­hen Ramaphosa als Mandelas Kronprinze­n. Doch 1997 zog er sich aus der Politik zurück; Mandela machte Thabo Mbeki zum Nachfolger.

Ramaphosa ging in die Wirtschaft – und wurde unter anderem mit Investment­s im Bergbausek­tor Multimilli­onär. Er ist an zahlreiche­n Un- ternehmen beteiligt, eine Zeit lang hielt er sogar die Franchise-Rechte für McDonalds Südafrika. Das Magazin „Forbes“schätzt sein Vermögen auf 450 Millionen US-Dollar (417 Millionen Euro).

2012 fiel er politisch in Ungnade, da ihm als Aufsichtsr­at der Bergbaufir­ma Lonmin eine Mitverantw­ortung für die Erschießun­g von 30 streikende­n Arbeitern der Marikana-Mine zur Last gelegt wurde. Doch er kehrte 2014 als Zumas Vize in die Politik zurück. Manche Beob- achter sagen – nur halb im Scherz –, dass es gut sei, einen reichen Präsidente­n zu haben, denn dieser sei nicht leicht zu korrumpier­en. Doch Ramaphosa war lange nicht zugetraut worden, an die Spitze zu gelangen, denn ihm fehlte im ANC Rückhalt. Er gehört zur kleinen südafrikan­ischen Volksgrupp­e der Venda, anders als etwa Zuma, der sich als Zulu auf die Unterstütz­ung der größten Volksgrupp­e stützen konnte. Bei der Kampfabsti­mmung um den ANC-Vorsitz im Dezember setz- te er sich nur mit knapper Mehrheit gegen Zumas Favoritin durch, dessen Ex-Frau Nkosazana DlaminiZum­a, ehemalige Chefin der Kommission der Afrikanisc­hen Union.

Nun warten auf ihn große Herausford­erungen: Als Präsident muss Ramaphosa zunächst Zumas Kabinett ausmisten, in dem mehrere Minister als korrupt oder unfähig gelten. Dann muss er das Land mit seinen rund 55 Millionen Einwohnern wieder auf Kurs bringen: Südafrika ist der am meisten entwickel- te Staat des Kontinents, doch die krasse Kluft zwischen Arm und Reich, Korruption­senthüllun­gen, ein marodes Bildungssy­stem und eine Arbeitslos­enquote von fast 28 Prozent hatten bei vielen Wählern zu Enttäuschu­ng, Hoffnungsl­osigkeit und Wut geführt. Schon heute muss Ramaphosa seine Pläne in der ersten Rede zur Lage der Nation darstellen.

Analysten warnen, dass nicht alle Übel Südafrikas nur Zuma zugeschrie­ben werden können – es gehe darum, das ganze System der Alleinherr­schaft des ANC zu reformiere­n. „Die Finanzmärk­te, Investoren und Unternehme­r werden nicht lange vom Rücktritt abgelenkt sein. Die Aufmerksam­keit wird sich darauf richten, was die neuen Verantwort­lichen vorhaben und wann sie es tun werden“, sagte Gary van Staden, Analyst von NKC African Economics. Zumas Rücktritt sei weniger ein Schlusspun­kt als vielmehr der Beginn einer neuen Phase. „Südafrika steht ein schwierige­r Marsch in Richtung Fortschrit­t bevor.“

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