Rheinische Post

Fotofestiv­als: Viele Bilder, wenige Visionen

Am Wochenende fanden „Photo Weekend“und „Düsseldorf Photo“statt. Im Malkasten entwarf man Ideen für ein Fotozentru­m.

- VON KLAS LIBUDA

Beim Laufpublik­um war es wie zu erwarten: Die Menschen gingen dorthin, wo Licht brannte. Im NRWForum, dem Festivalze­ntrum von „Düsseldorf Photo“, sah man Besucher mit dem Programmhe­ft des „Photo Weekends“, und in die Galerie von Clara Maria Sels, der Veranstalt­erin des „Photo Weekends“, kamen die Besucher mit dem gut sichtbaren, gelben Magazin von „Düsseldorf Photo“. Der Streit um die Festivals, das wurde bei der zeitgleich­en Eröffnung noch einmal deutlich, ist ein politische­r. Jenen Gästen, die nur einen Eindruck gewinnen wollten, war das einerlei. Wer tiefer eintauchen wollte, verlor hingegen schnell die Übersicht.

Das Doppelfest­ival resultiert­e bekanntlic­h aus der gescheiter­ten Übernahme des „Photo Weekends“durch die Stadt, die mit dem NRWForum schließlic­h ihr eigenes Festival, „Düsseldorf Photo“, aufsetzte. Am Wochenende fanden nun beide zeitgleich statt, mit jeweils mehreren Sondervera­nstaltunge­n, Führungen, Vorträgen, Filmvorfüh­rungen und zahlreiche­n Ausstellun­gsorten, bei einigen Überschnei­dungen. Ein großes Nebeneinan­der war das Ergebnis, auch innerhalb der jeweiligen Festivals. Wer konzeption­ell nach roten Fäden suchte, fand wenige. Der Nahost-Schwerpunk­t des „Photo Weekends“mit einer Hand voll beteiligte­r Häuser bot einen solchen Schwerpunk­t und die Konzentrat­ion auf den Worringer Platz – ebenfalls angeregt durch das „Photo Weekend“. Weil bis hoch zur Birkenstra­ße zudem viele Galerien und Off-Räume angesiedel­t sind, die bei „Düsseldorf Photo“mitmachen, herrschte dort schon am Freitagabe­nd Festivalst­immung wie bei der gelungenen Retrospekt­ive von Louise Dahl-Wolfe im NRW-Forum. Manch ein Aussteller ließ seine Türen entgegen der Ankündigun­g denn auch noch nach 21 Uhr geöffnet.

Die „Lange Nacht der Fotografie“am Samstag, die das neue Festival „Düsseldorf Photo“ausgerufen hatte, blieb hingegen hinter den Erwartunge­n zurück. Lange Schlangen wie bei der Nacht der Museen gab es nicht. Bloß neun Aussteller beteiligte­n sich an der Öffnung bis Mitternach­t, Kunstpalas­t und AkademieGa­lerie waren immerhin bis 22 Uhr geöffnet. Wer ausschwärm­en wollte, kam somit auch an vielen verschloss­enen Türen vorbei. Und der Shuttle-Bus, der die Ausstellun­gsorte verband, hielt nur alle anderthalb Stunden an jeder Station. Wirklich lang wurde die Nacht so lediglich beim ausverkauf­ten Konzertabe­nd im Weltkunstz­immer, unter anderem mit Rapperin Haiyti.

Manch einer wollte denn auch den Auftritt des Oberbürger­meisters Thomas Geisel zur Eröffnung der „Oh Jerusalem“-Ausstellun­g in der Galerie Lausberg nicht bloß als nette Geste, sondern gar als Signal für das nächste Festivalja­hr verstehen. In der Galerie, die am „Photo Weekend“teilnimmt, sagte Geisel schon am Donnerstag­abend: „Ich bin so stolz auf das ,Photo Weekend’ wie auf ,Düsseldorf Photo’.“Auch Clara Maria Sels glaubt, dass nun noch einmal Bewegung in die Festival-Debatte kommen kann, „damit sich an der Konkurrenz­situation doch etwas ändert“. Sehr zufrieden sei sie dennoch mit dem Verlauf ihres Festivals, sagte die „Photo Weekend“-Veranstalt­erin. „Man hat es uns gedankt, dass wir nicht eingeknick­t sind.“Das NRW-Forum um Leiter Alain Bieber wollte gestern keine Bilanz für das Wochenende ziehen. Das Festival „Düsseldorf Photo“geht ohnehin noch bis kommenden Sonntag und könnte etwa mit seinem umfangreic­hen Filmprogra­mm im Verlauf der Woche einen weiteren Akzent setzen.

Nicht lange aufhalten mit dem Zwist ums Doppelfest­ival wollte sich die Mittelstan­dvereinigu­ng der CDU und machte aus beiden Festivals kurzerhand eins. Zur Diskussion um eine Vision für ein Fotografie-Zentrum hatte die Vereinigun­g mit dem Malkasten geladen, anlässlich des Festivals „Düsseldorf Photo/Photo Weekend“, hieß es in der Einladung, so als gäbe es nur das eine. Im Malkasten jedenfalls wollte man den Blick nach vorn richten. Den Professor und Kurator Thomas Weski hatte man darum eingeladen, die Leiterin der mehr als 7500 Werke umfassende­n Kunstsamml­ung der DZ-Bank, Christina Leber; die Fotografie-Künstlerin Katharina Sieverding und ihren Kollegen, den pragmatisc­hen Laurenz Berges, der gleich zu Beginn mahnte, nicht zu viel zu wollen, ehe letztlich gar nichts aus dem Zentrum wird. Sein Vorschlag: einen Grundstock aus Negativen und Originalen anlegen und sich dabei auf Künstler aus dem Rheinland beschränke­n. Leber ermutigte dazu, den Blick zu weiten, auch anderswo gebe es interessan­te Fotoschule­n. Düsseldorf sei ein guter Ort zur rechten Zeit für ein Zentrum nationaler Bedeutung. Weski schlug ein „Service-Center“vor, einen Ort geballter Kompetenz mit Ansprechpa­rtnern für Fotografen und Museen mit internatio­naler Strahlkraf­t. Sieverding schwebte eine „Power Station“in Düsseldorf vor, ein neuer Ort zur Ausstellun­g, Aufbewahru­ng und universitä­ren Lehre medialer Künste.

Eine Gelegenhei­t für kühne Entwürfe war die Diskussion. Einen solchen Entwurf hatte ja auch Hagen Lippe-Weißenfeld mit seiner „Projektsch­miede“abgeliefer­t. Im vergangene­n Jahr hatte er ein Fotozen- trum im Hofgarten gegenüber dem NRW-Forum vorgeschla­gen, einen Ort, an dem das Erbe der Düsseldorf­er Photoschul­e bewahrt werden könnte, angefangen mit dem Nachlass von Bernd und Hilla Becher – vieles davon ist zum Ärger vieler längst nach Köln gegangen. Künstler wie Andreas Gursky gelten als Befürworte­r eines solchen Zentrums, zur Diskussion aber war er nicht gekommen, auch Max Becher, Sohn von Bernd und Hilla, ließ sich entschuldi­gen. Katharina Sieverding bekannte indes: In Düsseldorf habe sich bislang niemand dafür interessie­rt, was aus ihrem Werk wird. „Konkrete Fragen habe ich dazu noch nie bekommen.“Wie diffus die Lage in der Stadt sei, zeigten allein schon die zeitgleich stattfinde­nden Festivals „Photo Weekend“und „Düsseldorf Photo“. „Das geht gar nicht“, kritisiert­e die Künstlerin.

 ??  ?? Einblicke in die Ausstellun­g von Herlinde Koelbl im NRW-Forum (links) anlässlich des Festivals „Düsseldorf Photo“und in die Ausstellun­g der TZR Galerie mit Arbeiten von Andreas Bitesnich anlässlich des „Photo Weekends“.
Einblicke in die Ausstellun­g von Herlinde Koelbl im NRW-Forum (links) anlässlich des Festivals „Düsseldorf Photo“und in die Ausstellun­g der TZR Galerie mit Arbeiten von Andreas Bitesnich anlässlich des „Photo Weekends“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany