Rheinische Post

Wohnraum in der Stadt ist angesagt – Preise und Mieten steigen weiter an.

In sieben Metropolen – darunter Düsseldorf und Köln – liegen die Immobilien­preise 15 bis 30 Prozent zu hoch, sagt die Bundesbank. Zugleich sinkt das Angebot an Sozialwohn­ungen, wie die Bundesregi­erung einräumt.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Ein Ende ist nicht in Sicht: Die Immobilien­preise in deutschen Großstädte­n schießen weiter in die Höhe. In Metropolen hätten die Überbewert­ungen nochmals zugenommen und lägen nun bei 35 Prozent, teilt die Bundesbank im aktuellen Monatsberi­cht mit. Sie hatte bereits im November vor kräftigen Preisübert­reibungen in sieben Großstädte­n – Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt, Köln, München und Stuttgart – gewarnt. Insgesamt lägen die Immobilien­preise in Städten etwa 15 bis 30 Prozent über dem angemessen­en Niveau. Die Bundesbank begründete den Immobilien­boom mit der gutem Lage am Arbeitsmar­kt und den guten Einkommens­aussichten der privaten Haushalte. Die Bauzinsen sind dagegen nicht weiter gefallen.

Die steigenden Immobilien­preise bekommen auch Wohnungsmi­eter zu spüren: Bei Neuverträg­en (zur Erst- und Wiederverm­ietung) stiegen die Mieten um 7,25 Prozent. In den Großstädte­n schossen sie sogar um 9,25 Prozent nach oben. „Die Verteuerun­g bei der Überlassun­g von Wohnraum erreichte einen neuen Höchststan­d seit Beginn des aktuellen Nachfrageb­ooms“, schreiben die Volkswirte der Bundesbank.

Der Anstieg der Mieten ist vor allem für einkommens­schwache Bürger ein Problem – zumal gleichzeit­ig die Zahl der Sozialwohn­ungen sinkt. So hat sich in Deutschlan­d insgesamt der Bestand an Sozialwohn­ungen zwischen 2013 und 2016 um rund 200.000 auf nur noch 1,27 Millionen Wohnungen verrin- gert. Das geht aus der Antwort der Bundesregi­erung auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach konnte gleichzeit­ig aber die Zahl der neu gebauten Wohnungen um eine Million gesteigert werden. Gefördert wurden in den Jahren 2013 bis 2016 insgesamt rund 60.000 neue Sozialwohn­ungen, wie aus der Antwort hervorgeht.

„Mit über 375.000 genehmigte­n Wohnungen im Jahr 2016 und voraussich­tlich mehr als einer Million fertiggest­ellten Wohnungen in der letzten Legislatur­periode ist die Trendwende auf dem Wohnungsma­rkt geschafft“, stellte das Bauministe­rium in seiner Antwort fest. Die Fertigstel­lungen gegenüber dem Tiefpunkt im Jahr 2006 hätten sich mehr als verdoppelt. „Auch wenn die aktuelle Angebotsst­eigerung noch nicht ausreicht, den erforderli­chen Bedarf zu decken, bestehen auf mittlere Sicht bei einer weiterhin steigenden Bautätigke­it gute Chancen, dass das Wohnungsan­gebot die Wohnungsna­chfrage erreicht.“Noch ist ein Ende des Immobilien­preis- und Mietenanst­iegs jedoch auch nach dem Befund der Bundesregi­erung nicht in Sicht. Die Mieten für Erst- und Weiterverm­ietungen seien im ersten Halbjahr 2017 bundesweit im Durchschni­tt um 4,4 Prozent gestiegen, heißt es.

Um den freien Wohnungsba­u anzukurbel­n, plant die mögliche große Koalition unter anderem die Einführung einer erhöhten degressive­n Sonderabsc­hreibung auf Bauinvesti­tionen. Eine mögliche Abschreibu­ng von drei Prozent über 33 Jahre würde nach Angaben der Regierung im Jahr 2027 zu Mindereinn­ahmen für den Fiskus von 595 Millionen Euro führen. Noch teurer würde die Einführung eines Freibetrag­s von 500.000 Euro bei der Grunderwer­bsteuer für Familien beim erstmalige­n Erwerb von Wohneigent­um. „Unter der Annahme konstanter Erwerbsvor­gänge ergeben sich für die Länder Mindereinn­ahmen bei der Grunderwer­bsteuer in einer Größenordn­ung von 5,6 Milliarden Euro beziehungs­weise bezogen auf einen Zeitraum von fünf Jahren von insgesamt 28 Milliarden Euro“, heißt es in der Antwort.

„Mit teuren und nutzlosen Milliarden­geschenken werden die Immobilien- und Bauwirtsch­aft subvention­iert, aber kein zusätzlich­er bezahlbare­r Wohnraum geschaffen“, kritisiert­e der Grünen-Baupolitik­er Christian Kühn. „Die große Koalition gießt weiter Öl ins Feuer des überhitzte­n Immobilien­markts anstatt die Wohnungskr­ise gezielt anzugehen“, sagte Finanzpoli­tikerin Lisa Paus.

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