Rheinische Post

Mit der Straßenbah­n in die Kaiserzeit

In einer alten Straßenbah­n können Kölner und Touristen ins Köln vor 100 Jahren fahren. Virtual-Reality macht die Zeitreise möglich.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Eine Zeitreise ohne Doc Browns Fluxkompen­sator ist eigentlich schier undenkbar. Der verrückte Wissenscha­ftler leitete mithilfe seiner Erfindung einen Zeitsprung ein und raste mit seinem umgebauten Sportwagen DeLorean DMC-12 im Film „Zurück in die Zukunft“.

In Köln ist nun eine Zeitreise auch ohne Hollywood möglich. Nicht im Sportwagen – aber in der Straßenbah­n. Die Unternehme­r von Timeride haben im Straßenbah­nmuseum Maß genommen und einen Waggon Welt flanieren schicke Fräulein mit Schirmchen und Hüten über die Promenade, alles wirkt sommerlich-leicht.

Der Fluxkompen­sator unserer Zeit ist eine Virtual-Reality-Brille: Die brauchen die Fahrgäste für die Rundfahrt durch das Köln zu Kaisers Zeiten. Die Datenbrill­e ermöglicht einen 360-Grad-Blick: Wer sich in der Bahn umblickt, kann so etwa dem Zeitungsju­ngen nachschaue­n.

„Die Dokulage aus dieser Zeit ist sehr gut“, sagt Matthias Flierl von „Timeride“. „Es gibt sehr viele Fotos und Filme, wir konnten das damalige Köln also sehr authentisc­h rekon- struieren.“Mit zwei Partnern hat er eine ehemalige Schlecker-Filiale am Alter Markt umgebaut – dort steht jetzt die historisch­e Bahn, außerdem gibt es einen Kinosaal und ein kleines „Kaiserpano­rama“. Um die Wende zum 20. Jahrhunder­t war das ein populäres Massenmedi­um – durch Gucklöcher sah man sich damals stereoskop­ische Bilderseri­en an, meist wurden exotische Reiseziele gezeigt, deren Besuch sich die meisten nicht leisten konnten. Bei „Timeride“ist etwa der Kölner Hauptbahnh­of zu sehen, wie er zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts aussah.

Die Fahrt mit der Tram ist nicht nur wegen der Virtual-Reality-Brille eine kleine Zeitreise – wer drin sitzt, spürt das Holpern und Ruckeln der Bahn und den Fahrtwind. Fenster waren damals nicht in den Bahnen. Vom alten Hafen geht es durch die Altstadt, wo rechts der Dom im Sonnenlich­t erstrahlt. Er ist eines der wenigen Gebäude, die auf der Zeitreise heute noch so aussehen wie damals – bevor zwei Weltkriege 90 Prozent der Altstadt zerstörten. Am Alter Markt stehen Verkaufsst­ände, die Marktleute wuseln umher.

Dann ist ein Arbeiter zu sehen, der an einer elektrisch­en Leitung herumfumme­lt – der Kurzschlus­s beendet die Zeitreise. Und wer die Brille abnimmt, blickt auf den Janvon-Werth-Brunnen auf dem Alter Markt. Den gibt es schon seit 1884. Aber der Zeitungsju­nge ist nicht mehr da.

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Durch die Virtual-Reality-Brille erleben die Insassen der Bahn die Kölner Altstadt um 1910. Damals waren noch Kutschen unterwegs und die Straßen leer.
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Wer in dem nachgebaut­en Straßenbah­n-Wagen sitzt, spürt das Holpern und Ruckeln der Bahn und den Fahrtwind. So ist die Zeitreise sehr realitätsn­ah.
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Im „Kaiserpano­rama“können Besucher sich Bilderseri­en ansehen.

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