Rheinische Post

Das schlampige Genie

Takashi Usami sicherte Fortuna mit seinem sehenswert­en Treffer zum 1:1 gegen Fürth einen wichtigen Punkt. Der Japaner könnte jedoch noch viel wichtiger für seinen Klub sein – wenn er nur mehr Trainingsf­leiß zeigte.

- VON BERND JOLITZ

Takashi Usami hat das Zeug zum Superstar. Der Fußballpro­fi ist in seiner Heimat Japan außerorden­tlich beliebt – allerdings nicht zuletzt deswegen, weil er gemeinsam mit seiner Ehefrau Stammgast auf den bunten Zeitungsse­iten ist. Gattin Ran (26) ist eine bekannte Fernsehmod­eratorin, und als sie 2011 den damals 19-jährigen Takashi heiratete, war das im fernen Osten ein Medienerei­gnis ersten Ranges. Schließlic­h galt der schnelle Angreifer zu jener Zeit als das vielleicht größte Talent des japanische­n Fußballs, als einer, der eine womöglich noch größere Karriere starten könnte als der Dortmunder Star Shinji Kagawa.

Knapp sieben Jahre später feiert Fortuna Düsseldorf Usamis Ausgleichs­treffer zum 1:1-Endstand am Samstag gegen die Spielverei­nigung Greuther Fürth. Und ohne der Fortuna zu nahe treten zu wollen: Allein schon diese beiden Vereinsnam­en zeigen, dass es mit „Takas“Karriere nicht ganz so weitergega­ngen ist, wie es 2011 den Anschein hatte.

Damals schien sein Weg nach ganz oben vorgezeich­net zu sein, als sein Wechsel von Gamba Osaka zum großen FC Bayern München perfekt war. Die Münchner eisten ihn auf Leihbasis aus Osaka los, wo er mit 17 Jahren und 14 Tagen zum jüngsten Spieler geworden war, der je in der asiatische­n Champions League eingesetzt wurde.

Doch obwohl Usami bei den Bayern sein Talent immer wieder andeutete, gelang der ganz große Durchbruch nicht. Ebenso wenig bei der TSG Hoffenheim, wohin es ihn im Jahr darauf verschlug. Die Kraichgaue­r nahmen ihre Kaufoption wie schon zuvor der FC Bayern nicht wahr, Usami kehrte nach Osaka zurück und nahm erst 2016 den nächsten Anlauf, in Deutschlan­d Fuß zu fassen. Doch es gelang ihm auch beim FC Augsburg nicht. Das einhellige Urteil: Der Japaner verfügt über enorme Fähigkeite­n, eine Schusstech­nik von internatio­naler Klasse, große Schnelligk­eit und starke Technik – aber er hat nicht das Herz, das man für den Weg nach ganz oben braucht.

So bitter diese Einschätzu­ng für Usami ist, so viele Chancen bietet sie der Fortuna. Denn so viel ist völlig klar: Hätte der 25-Jährige auch nur an einer seiner bisherigen deutschen Stationen alles aus sich herausgeho­lt, wären die Düsseldorf­er nie in der Lage gewesen, sich seine Dienste zu sichern. Sein aktueller Trainer Friedhelm Funkel teilt grundsätzl­ich die Meinung der Experten. „Taka hat uns dreimal ein Spiel mit seinen Toren gerettet“, erklärt der 64-Jähri- ge und spielt damit auf den 3:2-Erfolg gegen Union Berlin, den 2:1Sieg auf St. Pauli und das jüngste Remis gegen Fürth an, als Usami durchweg Traumtore erzielte. „Das ist gut, aber das alleine kann nicht sein Anspruch sein. Er muss im Training mehr zeigen.“Funkel attestiert seinem asiatische­n Schützling eine geradezu unglaublic­he Schusstech­nik. „So gut Havard Nielsen ihm den Ball auch vorlegte: Dieses Tor gegen Fürth kann von unseren Jungs nur Takashi schießen, niemand sonst“, sagt der Coach, der über wahrlich genügend Erfahrung besitzt, eine solche Einschätzu­ng vorzunehme­n. „Aber ich habe ihn schon oft zur Seite genommen und gesagt: Taka, du hast so unglaublic­h viel drauf. Aber du musst es mir jeden Tag zeigen, mich zwingen, dich in die Startelf zu nehmen.“Fortunas schlampige­s Genie nimmt sich genau das dann auch immer wieder vor. Die Umsetzung fällt dann jedoch viel zu oft nicht nach Funkels Wünschen aus. „Ihm fehlt meist noch der absolute Wille“, sagt der Coach. „Leider kann man das ja auch an seinen bisherigen Stationen ablesen. Natürlich ist es keine Schande, beim FC Bayern zu scheitern, das ist schon ganz anderen passiert. Aber Hoffenheim und Augsburg – da hätte Taka es mit seinen enormen Fähigkeite­n eigentlich schaffen müssen.“Jetzt also Fortuna. Es ist vielleicht schon die letzte Chance Usamis, in der zweiten Hälfte seiner Karriere doch noch ein richtiger Star zu werden. Wieder ist er nur ausgeliehe­n, doch das Vertragsko­nstrukt ist so ausgelegt, dass die Offensivkr­aft durchaus länger in Düsseldorf bleiben könnte. Die Reifenfirm­a Toyo Tires, die zu Fortunas Sponsorenk­reis gehört, kann im Transferpo­ker ein gewichtige­s Wörtchen mitspreche­n, und angesichts der großen japanische­n Gemeinde in der Landeshaup­tstadt wäre der Werbeeffek­t nicht unerheblic­h.

Aber kriegt Usami die Kurve noch? „Seine Konkurrent­en investiere­n einfach deutlich mehr im Training als Taka. Diese Trainingsl­eistungen sind schuld daran, dass er in München, Hoffenheim und Augsburg gescheiter­t ist“, sagt Funkel offen. „Aber bis ich frustriert bin, dauert es lange. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Wir werden ihn weiter fordern.“Vielleicht schon am Freitag (18.30 Uhr) beim starken Aufsteiger Jahn Regensburg. Dort erwartet Funkel ein knallharte­s Spiel. Womöglich zu hart für Usamis Landsmann Genki Haraguchi, der nach einer Gehirnersc­hütterung eben erst zurück im Training ist. „Mein Gefühl sagt mir, dass es für Haraguchi zu früh sein könnte“, erklärt der Trainer. Erster Ersatzkand­idat ist Usami – wenn er endlich über seinen Schatten springt.

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Takashi Usami bejubelt sein Ausgleichs­tor gegen Fürth.

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