Rheinische Post

Fußball Liga soll für Einsatz von Polizei zahlen

Viele Menschen glauben, für Nachsicht keine Zeit zu haben. Sie verpassen etwas.

- DOROTHEE KRINGS Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

BREMEN (dpa) Auf den Profifußba­ll in Deutschlan­d kommen möglicherw­eise Millionenf­orderungen für Kosten zu, die durch umfangreic­he Polizeiein­sätze bei Hochrisiko­spielen der Bundesliga entstehen. Das Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) Bremen billigte im Grundsatz entspreche­nde Gebührenbe­scheide des Bundesland­es Bremen an die Deutsche Fußball Liga (DFL) und gab dem Stadtstaat in fast allen Punkten Recht. „Ein guter Tag für den Steuerzahl­er“, so Bremens Innensenat­or Ulrich Mäurer (SPD), der auf Nachahmer in den Reihen der Bundesländ­er hofft. Die DFL kündigte Revision beim Bundesverw­altungsger­icht an. „Der Fußball ist nicht Verursache­r von Gewalt“, sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball.

Diese ganze Hast der Gegenwart sorgt ja nicht nur für Gefühle der Überforder­ung bei vielen Menschen. Sie macht auch aggressiv. War das Rheinland lange eine Region, in der Menschen im öffentlich­en Raum einander zumindest gelassen begegneten, oft auch ein Schwätzche­n riskierten beim Anstehen an der Kasse, beim Warten an der Bushaltest­elle oder einfach so im Vorbeigehe­n, wenn sich nur irgendein Anlass zum Drauflosre­den fand. Doch solche Erlebnisse werden seltener. Kaum einer wagt noch, ein bisschen unschuldig­e Zeit vom anderen zu stehlen. Ungeduld ist in die Menschen gefahren. Und erzeugt Wutblasen, die jederzeit aufplatzen können, wenn Kassen im Supermarkt nicht schnell genug geöffnet werden. Oder einer zu langsam fährt, weil er auf Parkplatzs­uche ist. Oder die eigenen Kinder mal wieder in ihrer eigenen Welt verloren sind und einfach nicht voranmache­n. Ein Mittel, diese innere Drängelei auszubrems­en, ist Behutsamke­it. Das ist eine altmodisch­e Art der Vorsicht anderen Menschen und auch den Dingen gegenüber. Sie stammt noch aus der Zeit vor der entfesselt­en Konsumgese­llschaft, als kaufen und wegwerfen noch nicht eins waren. Als man neue Dinge noch vorführte, ausgiebig betrachtet­e, wertschätz­te. Und dann behutsam mit ihnen umging. Und als man sich noch nicht al- les und jedes auf den Kopf zusagte, in der Öffentlich­keit nicht pöbelte, darauf achtete, was man anderen zumutete. Natürlich war damals auch nicht alles besser. Aggression­en gedeihen auch hinter Fassaden der Höflichkei­t und brechen dann um so vernichten­der hervor. Doch ist es auch gefährlich, wenn eine Gegenwart so schnell und fahrig wird, dass Behutsamke­it wie Schwäche wirkt – wenn die meisten glauben, sich Nachsicht nicht leisten zu können. Denn mit der Behutsamke­it verfliegt auch die Schönheit, weil Menschen fehlen, die sie noch sehen können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany