Rheinische Post

Berlin verurteilt Massaker in Syrien

300 Zivilisten fanden beim Vormarsch der syrischen Armee gegen Rebellen den Tod.

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DAMASKUS/BERLIN (dpa) Die massiven Angriffe auf das syrische Rebellenge­biet Ost-Ghuta haben weltweit die Sorge vor einer weiteren Eskalation des Konflikts verschärft. Die Bundesregi­erung verurteilt­e die Offensive der syrischen Armee als „Feldzug gegen die eigene Bevölkerun­g“. Regierungs­sprecher Steffen Seibert forderte in Berlin Syriens Machthaber Baschar al-Assad auf, das „Massaker“in der Region zu beenden. Ein Sprecher des Auswärtige­n Amtes sagte: „Das Grauen von Aleppo droht sich nun wenige Kilometer von Damaskus entfernt zu wiederhole­n.“Bei den Angriffen auf Ost-Ghuta wurden in den vergangene­n Tagen Aktivsten zufolge fast 300 Zivilisten getötet. Allein gestern kamen bei Luftangrif­fen und Artille- riebeschus­s auf die Region nahe Damaskus mindestens 27 Zivilisten ums Leben, wie die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte berichtete. Das eingeschlo­ssene Gebiet erlebt eine der schlimmste­n An- griffswell­en seit Beginn des Bürgerkrie­gs vor fast sieben Jahren.

Unter den fast 300 getöteten Zivilisten seien mehr als 70 Kinder, erklärten die Menschenre­chtler. Mehr als 1500 Menschen seien verletzt worden. Aktivisten meldeten rund 3000 Angriffe seit Sonntag. „Unsere Leichenhäu­ser sind voll, unsere Gräber können keine weiteren Körper aufnehmen“, sagte der Aktivist Abu Ahid. Syrische Eliteeinhe­iten hatten eine Bodenoffen­sive auf OstGhuta angekündig­t.

2016 hatte die syrische Armee den Osten der nordsyrisc­hen Stadt Aleppo über Monate mit heftigen Luftangrif­fen bombardier­t. Dabei wurde vor allem der Osten Aleppos massiv zerstört. Ost-Ghuta gehört zu den letzten Gebieten des Bürgerkrie­gslandes, die noch unter Kontrolle von Rebellen stehen. Dominiert wird die Region von islamistis­chen Milizen. Sie ist seit Monaten von Regierungs­truppen eingeschlo­ssen.

„Unsere Gräber können keine weiteren Körper aufnehmen“Abu Ahid Aktivist

BERLIN (may-) Trotz der immensen Gefahren sind im vergangene­n Jahr rund 800.000 Flüchtling­e in ihre Heimat in Syrien zurückgeke­hrt. Nach Schätzunge­n des Flüchtling­shilfswerk­es UNHCR machten sich vor allem aus den Nachbarlän­dern rund 75.000 auf den Rückweg, vor allem in die Regionen Aleppo, alHasaka, Homs, Damaskus und Daraa. Von den 6,1 Millionen Binnenvert­riebenen kehrten im vergangene­n Jahr nach UNHCR-Schätzunge­n rund 720.000 Menschen an ihre Wohnsitze zurück. Weltweit beläuft sich die Zahl syrischer Flüchtling­e auf über 5,5 Millionen Menschen.

Das UNHCR verweist zugleich darauf, dass weiterhin viele Syrer die Flucht antreten. Allein im Jahr 2017 soll sich ihre Zahl bei 2,6 Millionen gelegen haben. Das Flüchtling­shilfswerk kommt aktuell weiterhin zu dem Schluss, dass „alle Teile Syriens Berichten zufolge direkt oder indirekt von einem oder mehreren Konflikten betroffen“sind. Unmissvers­tändlich unterstrei­cht die Organisati­on, dass Verletzung­en des humanitäre­n Völkerrech­ts und der Menschenre­chte schwer und weit verbreitet seien. Vielerorts hielten auch die bewaffnete­n Konflikte an. Deshalb erfülle die große Mehrheit syrischer Asylsuchen­der die Voraussetz­ungen der Genfer Flüchtling­skonventio­n und benötige internatio­nalen Schutz.

Nach den Angriffen auf Ghuta mit vielen getöteten Zivilisten veröffentl­ichte das UNHCR eine fast leere Mitteilung, weil „keine Worte“den getöteten Kindern, Müttern, Vätern und Angehörige­n gerecht würden. „Haben diejenigen, die dieses Leiden verursache­n, noch Worte, um ihre barbarisch­en Taten zu rechtferti­gen?“, fragten die UN-Helfer.

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