Rheinische Post

Herr der Schnitte

Seit er ein kleiner Junge ist, mischt Philipp Brosi im elterliche­n Metzgereib­etrieb mit. Jetzt ist er Düsseldorf­s erster Fleisch-Sommelier und erklärt, wie vielfältig Wurst, Steak und Co. sind.

- VON HELENE PAWLITZKI

Die Linke zupft, die Rechte schneidet. Einmal von rechts nach links. Es dauert keine drei Minuten, dann ist das massige Stück Rindfleisc­h von allen Silberhäut­chen befreit. „Ich hab jetzt mal langsam gemacht“, sagt Philipp Brosi. „Damit es extra ordentlich aussieht.“Er wischt sein Messer ab. Sechs Stück hat er hier hängen, stets perfekt geschliffe­n. „Mein Vater klaut sie mir deswegen auch gerne, seine sind nicht so scharf.“

Brosi, 25 Jahre alt, trägt seinen Nachnamen nicht aus Angeberei auf dem Poloshirt. Höchstens aus Stolz – Stolz auf die jahrzehnte­lange Tradition des Familienbe­triebs, den er einmal leiten wird. Metzgerei Brosi, vor 50 Jahren gegründet von Philipps Großeltern, seit 1965 auf der Nordstraße: Laden im Erdgeschos­s, dahinter Produktion­s- und Kühlräume. Oben ein Aufenthalt­sraum für die Mitarbeite­r und das Büro. Noch weiter oben: die Wohnräume der Familie. „Ist ganz praktisch“, sagt er. „Mein Arbeitsweg dauert 15 Sekunden.“

Was auch heißt: Wenn mal was ist, klingelt das Telefon. Seit die Metzgerei Brosi Catering und Partyservi­ce anbietet, auch am Wochenende. Trotzdem glaubt man Philipp Brosi, wenn er sagt, dass er nie etwas anderes machen wollte. Spätestens seit er vom zweiwöchig­en Lehrgang zum Fleisch-Sommelier an der Fleischers­chule Bayern wiedergeko­mmen ist, brennt er für den Job.

Warum, könnte man fragen, macht einer, der schon mit 21 Jahren Fleischerm­eister war, noch einen Lehrgang? Wurst ist doch Wurst. Nix da, sagt Philipp Brosi, der vor Weihnachte­n die Brosi-Kunden essen manche Schwein und andere nicht? Als Fleisch-Sommelier ist er jetzt Experte beim Thema Zubereitun­gsarten, kennt für jedes Stück Fleisch die Kerntemper­atur auswendig und hat sich auch mit Marketing befasst. Denn das ist die Hauptsache: dass der Kunde lernt, dass Steak nicht immer aus dem Filet kommen muss. Dass man auch andere Teile zwischen Schnauze und Schwanz des Tieres mit Genuss essen kann – wenn man richtig mit ihnen umgeht. Dass man nach ungewöhnli­chen Stücken fragen muss, bis der Metzger des Vertrauens sie anbietet.

Bei Brosi ist es umgekehrt. Demnächst werden Schildchen mit Wörtern wie „Teres Major“, „Skirt vom Rind“oder „Cuscino“in der Auslage liegen. Und hinter der Theke wird dann einer stehen, der geduldig erklärt, dass Kachelflei­sch vom Rind das Gleiche ist wie ein Spider-Steak, dass es wegen der Marmorieru­ng, die an ein Spinnennet­z erinnert, so heißt, dass es aber trotzdem sehr zart ist und nur sehr kurz angebraten werden muss.

Brosi kann nämlich nicht nur mit Messern umgehen, sondern auch mit der Pfanne. Kochen ist seine Leidenscha­ft, gleich nach der Metzgerei, sonst macht er noch gern Sport oder trifft sich mit Freunden. Sein Lieblingse­ssen? Früher war es Entrecôte, ein Rinderstea­k aus der Zwischenri­ppe. Aber jetzt will sich Philipp Brosi nicht mehr festlegen. „Es gibt einfach zu viel, was unglaublic­h gut ist, und jedes Stück schmeckt ein bisschen anders und passt zu einer anderen Gelegenhei­t.“Abends kommt deshalb auch meistens Fleisch auf den Teller bei Fleischerm­eister Brosi. Morgens dagegen darf es auch mal einfach ein Joghurt sein.

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Fleischerm­eister Philipp Brosi im Produktion­sraum des elterliche­n Betriebs. Er weiß genau, was man aus Rind alles machen kann.

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