Rheinische Post

Ein neuer Chef im Bezirk

Weil CDU und SPD im Stadtbezir­k 3 bei der Kommunalwa­hl 2014 Gleichstan­d hatten, gibt es jetzt einen Wechsel im Amt des Bezirksbür­germeister­s. Morgen wird Marko Siegesmund Walter Schmidt ablösen.

- VON NICOLE KAMPE

STADTBEZIR­K 3 Walter Schmidt (CDU) wird morgen in der Sitzung der Bezirksver­tretung 3 wie immer in der Mitte des Tisches im Bürgersaal Platz nehmen, zwischen seinem Stellvertr­eter Lutz Goebels (SPD) und Bezirksver­waltungsst­ellenleite­r Egbert Casten, er wird Dietmar Wolf (Grüne) einen Blumenstra­uß überreiche­n zum runden Geburtstag, so wie er es schon viele Male gemacht hat in den letzten neun Jahren bei Kollegen, die 40, 50, 60 oder 70 geworden sind. Schmidt wird die Sitzung eröffnen, über die Tagesordnu­ng abstimmen lassen, neue Themen aufnehmen, andere streichen. Dann wird Walter Schmidt als Bezirksbür­germeister zurücktret­en. Nicht, weil er das Amt nicht mehr ausüben will, sondern weil es so abgemacht wurde nach der Kommunalwa­hl 2014, als CDU und SPD im Stadtbezir­k 3 Gleichstan­d hatten, beide mit den Grünen hätten kooperiere­n können, „die uns aber zappeln ließen“, sagt Schmidt und Schwarz-Rot sich darauf verständig­te, nach etwa der Hälfte der Zeit zu tauschen.

„Man macht das Amt so lange, wie vereinbart und gibt es dann weiter“, sagt Schmidt, der mit gutem Beispiel vorangehen, zeigen will, wie eine Zusammenar­beit zwischen CDU und SPD auch funktionie­ren kann. Die Groko auf kleiner Ebene sozusagen, einen guten Draht zu den Kollegen hatte der Bezirksbür­germeister immer – parteiüber­greifend. Von Mitstreite­rn spricht der 59-Jährige, manche sind Freunde geworden. „Eine einstimmig­e Entscheidu­ng in der BV oder eine mit großer Mehrheit hat eine andere Wirkung auf die Stadt und den Rat“, sagt Schmidt.

1994 ist er in die Bezirksver­tretung gekommen, wurde fünf Jahre später Fraktionsv­orsitzende­r, später stellvertr­etender, 2009 schließlic­h Bezirksbür­germeister. Viel Zeit hat er investiert in die Politik, „ein Zeitfresse­r“, sagt Schmidt, „wenn man es gut machen will“. Und das neben dem Beruf, der Familie, den Kindern. Wichtig war ihm immer Transparen­z und Kollegiali­tät.

Ursprüngli­ch sollte Schmidt mit Susanne Garn tauschen, so war es abgemacht worden. Die aber wechselte überrasche­nd zur Stadtverwa­ltung, schied somit aus der BV aus. Lutz Goebels übernahm die Position des Stellvertr­eters, auf Schmidt folgen wollte er nicht. „Weil er in Essen arbeitet, tagsüber nicht mal eben abrufbar ist“, weiß Schmidt, für eine Grundstein­legung zum Beispiel oder eine Kita-Eröffnung im Bezirk. Goebels wird mit Schmidt zurücktret­en, den Fraktionsv­orsitz der SPD übernehmen, „mit seinen 73 will Gerd Deihle ein bisschen kürzer treten“, sagt Schmidt, der morgen für den Stellvertr­eterposten kandidiere­n will.

Die Position wird ihn ebenso fordern, und wenn Schmidt mal Zeit hat, nimmt der studierte Agrarwisse­nschaftler, der seit 2017 bei der Kreishandw­erkerschaf­t ist, gerne einen Pinsel in die Hand. „Für mich ist das ein Ausgleich“, sagt der 59Jährige, der eine handwerkli­che Begabung hat, der mit seinen Eltern, seiner Schwester, seiner Frau und seinen Zwillingen (25) in einem Mehrgenera­tionenhaus lebt, in dem er zuletzt alle Balkone selbst neu gemacht hat.

Die SPD schickt Marko Siegesmund ins Rennen. Fast 20 Jahre jünger als Schmidt ist Siegesmund, der sich schon als Kind für die Schwachen einsetzte, so wie es ihm seine Mutter beigebrach­t hat. Klassenspr­echer, Schülerspr­echer, später im Bundesvors­tand der Juso-Hochschulg­ruppe. Ein Sozialdemo­krat durch und durch ist der 41-Jährige, der in Düsseldorf geboren, der im Stadtbezir­k 3 groß geworden ist. „Ich will das Beste aus dem Bezirk rausholen“, sagt Siegesmund. Die anderen Mandatsträ­ger müssen natürlich für ihn stimmen. Doch das ist vermutlich eine Formsache. Einen Kandidaten ins Rennen schicken für das Amt des Bezirksbür­germeister­s kann aber jede Partei.

Als selbststän­diger Finanzbera­ter ist Siegesmund Herr über seine Zeit, sein Büro ist in Bilk, in der Mittagspau­se kann er offizielle Termine wahrnehmen, später nacharbeit­en. Zeitmanage­ment ist das Stichwort, als Ehemann und Vater eines drei Jahre alten Sohnes ist er auch gefragt. „Ich brauche wenig Schlaf“, sagt er, viereinhal­b oder sechs Stunden würden reichen, nicht fünf, nicht sieben, „probieren Sie es aus“.

In der Bezirksver­tretung sitzt Marko Siegesmund seit dieser Periode, viel hat er von Schmidt gelernt, er schätzt seinen Kollegen und Vorgänger. Einiges will er aber auch anders machen, die BV muss bekannter werden, bei den Bürgern, im Stadtteil. „Ich würde gerne ein jüngeres Publikum ansprechen“, sagt Siegesmund. Projekte unterstütz­en, die bei Zuschussan­trägen sonst nicht auftauchen, deshalb irgendwann nicht mehr stattfinde­n. Im Kulturbere­ich wollte man 2014 mehr anstoßen, als bis jetzt geschehen ist, da will Siegesmund ansetzen. Und enger mit den Bezirksver­tretungen im Stadtbezir­k 1 und 2 zusammenar­beiten. Aufgeregt ist Marko Siegesmund nicht, „die Vorfreude überwiegt“, sagt er.

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Marko Siegesmund (l.) ist der neue Bezirksbür­germeister im Stadtbezir­k 3, wie abgemacht räumt Walter Schmidt für ihn seinen Stuhl.

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