Rheinische Post

Der Mann ohne Lampenfieb­er

Florian Neuhaus übernimmt bei Fortuna trotz seiner erst 20 Jahre eine entscheide­nde Rolle im zentralen Mittelfeld. Nervös macht ihn das nicht. Das habe er von seinen Eltern, sagt er der gebürtige Oberbayer.

- VON PATRICK SCHERER

Florian Neuhaus ist erst 20 Jahre alt, übernimmt aber sehr viel Verantwort­ung.

Das Vormittags­training der Fortuna ist vorbei, Florian Neuhaus steht frisch geduscht im Vorraum der Leichtathl­etikhalle neben der Arena. Ein kleines Mädchen streckt ihm einen Filzstift entgegen: „Florian Neuhaus, kann ich bitte ein Autogramm haben?“Der 20-Jährige sagt „Ja, klar“, nimmt den Stift und schaut das Kind dann etwas fragend an. Er guckt hilfesuche­nd, worauf er denn nun unterschre­iben soll. Das Mädchen reckt ihm den Arm entgegen. „Auf den Arm? Sicher?“, fragt Neuhaus. Das Kind nickt. Neuhaus kritzelt schließlic­h lachend seine Unterschri­ft auf die Haut. Für Neuhaus ist die Popularitä­t als Profifußba­ller noch etwas Neues, das merkt man.

„Ich bin zufrieden mit meiner Situation“, sagt er. „Ich komme auf meine Einsätze, spiele von Beginn an und spüre das Vertrauen des Trainers, des Vereins, von den Mitspieler­n.“Nicht jeder hat diese Entwicklun­g erwartet, als Neuhaus im Sommer auf Leihbasis an den Rhein wechselte.

Der gebürtige Oberbayer durchlief die anerkannte Jugendabte­ilung beim TSV 1860 München, erzielte bereits als U19-Spieler das von der ARD ausgezeich­nete „Tor des Monats Mai 2016“mit einem Treffer aus 50 Metern. Sein Profidebüt feierte er für die Löwen in der vergangene­n Spielzeit. Und seit Borussia Mönchengla­dbach ihn im Sommer 2017 verpflicht­ete und postwenden­d an Fortuna verlieh, verpasste er nur vier Zweitligap­artien. Nur einmal, auf St. Pauli, verzichtet­e Trainer Friedhelm Funkel freiwillig auf die Dienste Neuhaus’. Drei Spiele musste er zusehen, weil ihn das DFB-Sportgeric­ht nach einer Tätlichkei­t in der hitzigen Schlusspha­se beim 2:2 gegen Heidenheim sperrte. In den restlichen 21 Ligaund zwei Pokalparti­en war er dabei – meist von Beginn an.

Am Sonntag beim 2:1 gegen St. Pauli gelang Neuhaus ausnahmswe­ise etwas weniger als gewohnt. Besonders bei zwei vielverspr­echenden Kontermögl­ichkeiten traf er jeweils die falsche Entscheidu­ng. „Die Situatione­n habe ich natürlich noch im Kopf“, sagt Neuhaus. „Das muss ich besser ausspielen. Aber daran arbeite ich im Training.“Er schaut dabei bestimmend, ohne jeglichen Zweifel an sich und seinem fußballeri­schen Potenzial. Während andere Spieler in seinem Alter nach Fehlern in einer Partie abtauchen, sich verstecken und Ver- antwortung abgeben, ist Neuhaus direkt wieder frei im Kopf, fordert den nächsten Ball. Von Nervosität keine Spur. „Nein, ich habe nie Lampenfieb­er“, sagt er. „Ich wurde schon häufiger auf meine Coolness angesproch­en. Ich habe das glaube ich von meinen Eltern.“

Kein Wunder, dass diese Art Spieler begehrt ist. Gladbachs Manager Max Eberl hat seine nicht vorhandene Verhandlun­gsbereitsc­haft über ein Engagement bei Fortuna über den Juni hinaus in der „Bildzeitun­g“erneuert: „Den Anruf kann sich Fortuna sparen.“Somit wird Neuhaus auch bei einem möglichen Aufstieg in der kommenden Saison das Trikot mit der Raute auf der Brust tragen. „Die Vertragsit­uation ist wie sie ist. Das kann man nicht ändern. So ist der Stand der Dinge“, sagt er, nicht ohne zu betonen, wie wohl er sich in Düsseldorf seit dem ersten Tag fühlt.

Neun Spiele absolviert Neuhaus noch für Fortuna. Das erste steht am Sonntag im ausverkauf­ten Derby beim MSV Duisburg (13.30 Uhr) an. „Eine aufgeheizt­e Stimmung motiviert jeden Spieler natürlich noch einmal extra. Darauf freut man sich richtig“, sagt Neuhaus – der Mann ohne Lampenfieb­er.

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Ausgelasse­ner Jubel: Florian Neuhaus freut sich über sein Tor zum 3:2 gegen Union Berlin in der Hinrunde.

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