Rheinische Post

Was Kitas zu schaffen macht

Wachsende Kinderarmu­t, Integratio­n der Flüchtling­e und fehlende Wertschätz­ung – beim Kitaleitun­gskongress gibt es genug Themen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Der kleine Ort Hövelhof wirkt wie die pure Idylle. Umgeben von Wäldern, unweit der Quelle der Ems hat sich das 16.000-Einwohner-Städtchen im Tecklenbur­ger Land seinen dörflichen Charakter bewahrt. Wer hier groß wird, so scheint es, hat gute Chancen, eine glückliche Kindheit zu erleben. Sieben Kitas gibt es hier, eine davon ist in der Schatenstr­aße. 25 Teilnehmer des Coachings zum Thema „Integratio­n von Flüchtling­sfamilien“auf dem Kongress in der Düsseldorf­er Messe. Im Alltag aber sind die Erzieher oft mit ganz banalen Schwierigk­eiten konfrontie­rt: Wie mache ich einem albanische­n Vater, der kein Wort deutsch spricht, verständli­ch, wann der nächste Elternaben­d stattfinde­t? Was kann ich tun, wenn Eltern einen Dolmetsche­r ablehnen, weil sie bei einem persönlich­en Gespräch keine Unbeteilig­ten dabei haben wollen? Wie kann ich ein traumatisi­ertes Kind auffangen? Volker Abdel Fattah, Referent bei der Arbeiterwo­hlfahrt, hat fast auf jede Frage eine Antwort. Er nennt Hilfsorgan­isationen, die den Kita-Leiterinne­n zur Seite stehen, macht ihnen Mut: „Wenn Sie Kindern mit Flüchtling­sgeschicht­e Sicherheit bieten können mit nachvollzi­ehbaren Strukturen, also ein kuschelige­s Nest, dann ist das schon sehr, sehr viel wert.“

In der evangelisc­hen Kita der Düsseldorf­er Diakonie in der Gerresheim­er Vereinsstr­aße gibt es spezielle Angebote für traumatisi­erte Kinder. Fachleute, die sich kümmern, Fortbildun­gen für Mitarbeite­r. Damit ist die Kita allerdings eher die Ausnahme, allein wegen Personalma­ngels: Bis 2025 droht laut VBE in NRW eine Fachkräfte­lücke von rund 70.000 Beschäftig­ten. Dabei zählt NRW beim Betreuungs­schlüssel schon jetzt im Bundesverg­leich zu den Schlusslic­htern.

Internatio­nal liegt Skandinavi­en vorn: Während dort bei den Über- Dreijährig­en eine Betreuerin für maximal sieben Kinder zuständig ist, sind es in Deutschlan­d zehn bis zwölf. Zudem werden in Nordeuropa Erzieherin­nen genauso bezahlt wie Grundschul­lehrer; in Deutschlan­d hingegen verdienen sie 800 bis 1000 Euro im Monat weniger. Um die deutschen Kita-Verhältnis­se an europäisch­e Standards anzugleich­en, bräuchte es laut Haderlein sage und schreibe acht bis zehn Milliarden Euro jährlich. Der Sozialwiss­enschaftle­r beklagt die nach wie vor mangelnde Wertschätz­ung für den Beruf in Deutschlan­d – trotz der hohen Verantwort­ung.

Das sehen auch die Kita-Leiter so: 76 Prozent der Befragten haben den Eindruck, die Öffentlich­keit habe immer noch das Bild der „Basteltant­e“vor Augen. Von der Politik fühlen sie sich alleingela­ssen.

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