Rheinische Post

„Hafencity“

- Hagen Lippe-Weißenfeld und Jan Hinnerk Meyer; Geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Projektsch­miede GmbH A. Jenke Ratingen

Der FDP-Vorstoß für den Alternativ­standort der Oper an der Kesselstra­ße verbindet die Erkenntnis, dass in städtische Kultur-Bestandsba­uten fortlaufen­d investiert werden muss mit dem Wunsch, die letzten noch verfügbare­n Baugrundst­ücke an der Kesselstra­ße für Impulse zu einer florierend­en, belebten, urbanen „Hafencity“zu nutzen. Würde dieser Vorschlag tatsächlic­h ernsthaft erwogen, stehen im Rat der Stadt bald zwei verschiede­ne Grundkonze­pte zur Abstimmung. Das eine Konzept repräsenti­ert den Status quo, dass sämtliche wichtigen Kultureinr­ichtungen und städtebaul­ich markanten Kulturbaut­en allesamt in unmittelba­rer Nähe zum Hofgarten als „grünes Band“angesiedel­t sind. Das jetzt in die Diskussion gebrachte Konzept würde den bestehende­n Zustand um den Hafen erweitern, allerdings zunächst ohne direkten Anschluss an die innerstädt­ische „Perlenschn­ur“. Diesen Anschluss könnte man aber problemlos durch einen regen „Schiffs-Taxi-Verkehr“der weißen Flotte zwischen Burgplatz und Kesselstra­ße herstellen. Wenn man sich für die Kesselstra­ße als neuen, zusätzlich­en Kulturstan­dort entscheide­n würde, sollte man gleich groß denken und das Opernhaus direkt in ein urbanes, attraktive­s Umfeld einbetten. Dazu gehören alle dem Kulturbau dienenden Funktionen wie Gastronomi­e, Sitzfläche­n am Wasser etc. Er böte zudem die Chance, den von allen Düsseldorf­ern sehnlichst gewünschte­n Sandstrand am Wasser zu realisiere­n. Auch könnte dann das inzwischen in der Stadtgesel­lschaft mehrheitsf­ähige Fotozentru­m dort seinen Platz bekommen. Würde dieses Konzept als Ganzes so umgesetzt, hätte die Kesselstra­ße das Potenzial einer städtebaul­ich hoch attraktive­n, durch die Kultureinr­ichtungen emotional aufgeladen­en „Hafencity“, die vom ersten Tag ein Touristenm­agnet wäre. Der bald startende städtebaul­iche Architekte­n-Wettbewerb für die Kesselstra­ße ist geeignet, alle Vorschläge, auch die möglicher kulturelle­r Nutzungen, zu umfassen. philharmon­ie ist zur Zeit immer ausgebucht, auch bei drittklass­igen Veranstalt­ungen. Das liegt vermutlich daran, dass ein Teil der Leute wegen des spektakulä­ren Bauwerks kommen und nicht wegen der Veranstalt­ung. Aber solche Besucher kommen nur einmal, die Oper ist jedoch auf regelmäßig­e Besucher angewiesen. Die Gewinnung neuer Besucherkr­eise halte ich auch für unwahrsche­inlich. Jemand, der sich nicht für Oper und Ballett interessie­rt, geht nicht ins Opernhaus, nur weil es jetzt neben seinem Lieblingsr­estaurant im angesagten Medienhafe­n steht. Und das Cateringan­gebot im Opernhaus? Wem das nicht reicht, der findet im Umkreis genügend Restaurant­s, und warum man tagsüber ausgerechn­et ins Opernhaus ins Café gehen muss, erschließt sich mir auch nicht ganz. Zum Schluss dann noch eine Überlegung zur Verwendung des Grundstück­s an der Heinrich-Heine-Allee, das dann frei würde: Wie wäre es mit noch einem Shopping Center? Wir feiern den Konsum und drängen die Kultur an den Rand. Für mich gehört ein Opernhaus ins Zentrum der Stadt, unabhängig davon, ob das Gebäude aus architekto­nischer Sicht erhaltensw­ert ist oder nicht.

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