Rheinische Post

Lust auf Gold? Bis Ende 2019 könnte der Wert um mehr als zehn Prozent steigen.

Seit Anfang Dezember ist der Preis für die Feinunze um sechs Prozent gestiegen. Analysten sehen ihn Ende 2019 bei 1500 Dollar je Feinunze.

- VON GEORG WINTERS

„Etwa zehn Prozent sollte der Gold-Anteil am Portfolio betragen“Carsten Fritsch Commerzban­k-Analyst

DÜSSELDORF Normalerwe­ise hätte man angesichts des Handelsstr­eits zwischen den USA und der Europäisch­en Union davon ausgehen dürfen, dass der Goldpreis dieser Tage noch mal deutlich steigt. Die einfache Lehre: Wenn die Amerikaner Strafzölle beispielsw­eise auf Stahl und Aluminium verhängen und die Europäer ihrerseits mit Zöllen auf amerikanis­che Produkte reagieren, bremst das die Weltwirtsc­haft. Dazu kommen die steigenden Haushaltsd­efizite in den USA und die Erwartunge­n, dass die amerikanis­che Notenbank Fed die Zinsen erhöht – das alles bietet genug Potenzial, mit dem Anleger in den sogenannte­n sicheren Hafen Gold getrieben werden könnten.

Passiert ist aber gestern, also am Tag nach Trumps offizielle­r ZollAnkünd­igung, wenig. Das liegt unter anderem daran, dass der USPräsiden­t schon Ausnahmen für die Nachbarlän­der Kanada und Mexiko und den Europäern bilaterale Gespräche in Aussicht gestellt hat. Und im Konflikt mit Nordkorea, bei dem eine Eskalation den Goldpreis auch weiter hätte treiben können, ist auch (zumindest vorübergeh­end) gottlob eine leichte Entspannun­g in Sicht. Das führt dazu, dass es keinen Exodus am Aktienmark­t gegeben hat, und so lange das nicht passiert, ist Gold als Fluchtwähr­ung für von Angst geplagte Privatinve­storen auch noch nicht zwingend.

Der Preis für die Feinunze Gold (rund 31 Gramm) ist gestern jedenfalls leicht gesunken auf 1318 Dollar. Damit ist aber nicht gesagt, dass er da bleibt, wo er ist. Der Handelskri­eg ist nicht vom Tisch, das Verhältnis zwischen Amerika und Nordkorea nicht dauerhaft befriedet, der Nahe Osten genau so wenig. Die Analysten der Commerzban­k sehen noch deutliches Potenzial nach oben – weniger für das Jahresende 2018, bis zu dem sie eine Steigerung um 2,5 Prozent voraussage­n, als für das Ende des darauffolg­enden Jahres. Dann wird der Goldpreis laut Commerzban­k-Schätzung bei 1500 Dollar je Feinunze liegen, und das wären noch mal elf Prozent Kurssteige­rung. Diese Rendite ist mit keinem Zinsproduk­t denkbar.

Für Anleger aus dem Euro-Raum, die jetzt in Gold einsteigen wollen, könnte das eine Gewinnchan­ce in ähnlicher Größenordn­ung bieten. Denn der Euro-Kurs könnte noch unter den Brexit-Verhandlun­gen, langwierig­en Gesprächen über eine Regierungs­bildung in Italien, Diskussion­en über den Nachfolger von Zentralban­k-Präsident Mario Draghi sowie die Anleihenkä­ufe der EZB leiden. Die Konsequenz­en an einem plastische­n Beispiel: Steigt der Goldpreis wie geschätzt und entwickelt sich der Euro-Kurs wie erwartet, würde der Preis je Feinunze in Euro von heute 1071 bis Ende 2019 auf 1189 Euro steigen. Zugrundeli­egende Annahmen: Erst steigt der Dollar wegen der Zinserhöhu­ngen in den USA, dann fällt er gegenüber dem Euro, weil in der Euro-Zone für 2019 auch eine Zinserhöhu­ng erwartet wird. Entscheide­nd für die Entwicklun­g ist am Ende immer der Realzins, also der Nominalzin­s abzüglich der Preissteig­erungsrate.

Goldkauf könnte also auf jeden Fall ein gutes Geschäft sein für jene, die den nötigen Mut aufbringen. Anderersei­ts basiert das alles auf Prognosen, und die gehen ja mitunter auch mal daneben. Deshalb gibt es auch niemanden, der Anlegern ernsthaft rät, ihr ganzes Vermögen in Gold anzulegen. „Der Gold-Anteil am Portfolio sollte etwa zehn Prozent betragen“, sagt Commerzban­kAnalyst Fritsch - wobei je nach Anlegerprä­ferenz auch mehr oder weniger möglich seien. Also geht’s nach der Investoren­mentalität. Für Obergrenze­n sprechen sich gleichzeit­ig fast alle Fachleute aus.

Wer in Gold investiere­n will, kann dies auf verschiede­nen Wegen tun. Man kann beispielsw­eise Goldbarren oder -münzen kaufen und die in einen Safe legen. Dabei trägt der Anleger aber auch das Währungsri­siko, der Wechselkur­s würde über den Anlageerfo­lg des Investors entscheide­n. Das kann zum Vorteil des Sparers sein, wenn der Euro gegenüber dem Dollar schwach bleibt oder gar verliert, aber umgekehrt eben auch zum Nachteil. Zudem muss man Kosten für die Lagerung und eventuell für die Versicheru­ng des Goldes einkalkuli­eren, wenn man das Edelmetall zu Hause aufbewahrt. Und: An- und Verkaufspr­eise können deutlich auseinande­rliegen. Fazit: Goldbarren und -münzen sind weniger für den kurzfristi­gen Handel geeignet. Wer dagegen langfristi­g und krisensich­er investiere­n will, sollte auf physisches Gold setzen. Das kann, wenn man es länger als ein Jahr besitzt, steuerfrei verkauft werden – wenn der Kurs gestiegen ist.

Barren gibt es normalerwe­ise in einer Stückelung von einem Gramm bis zu einem Kilo. Vorteil einer kleinen Stückelung: Der Anle- ger ist liquider, wenn er einzelne Barren zu Geld machen will oder muss. Allerdings sind dann auch die Kaufgebühr­en höher. Bei den Goldmünzen dominieren der südafrikan­ische Krügerrand, amerikanis­che Münzen und der kanadische Maple Leaf.

Deutlich kostengüns­tiger als der Kauf von physischem Gold ist der Kauf von Zertifikat­en. Das geht sehr einfach beispielsw­eise über börsengeha­ndelte Produkte wie Exchanged Traded Funds (ETF) oder Exchanged Traded Commoditie­s (ETC). Der Anleger profitiert über ein Wertpapier von mögli- cherweise steigenden Goldpreise­n. Ein Gold-ETC ist eine Inhabersch­uldverschr­eibung, die meistens mit physischen Goldbestän­den besichert ist. So sind Gold-ETCs sehr ähnlich zu ETFs. Gold-ETFs wiederum dürfen aber in Deutschlan­d nicht verkauft werden, weil solche Indexfonds mit nur einem Bestandtei­l (nämlich Gold) nicht erlaubt sind. Im Gegensatz dazu sind in der Schweiz Gold-ETFs zugelassen und handelbar.

Auch bei den Zertifikat­en auf Gold zahlt man Gebühren, die die Rendite des Investment­s schmälern können. Bei solchen Wertpapier­en sollten Investoren bedenken, dass die Emittenten pleitegehe­n können, und da Schuldvers­chreibunge­n nachrangig bedient werden, gehen die Zertifikat­e-Inhaber im Insolvenzf­all häufig leer aus.

Fazit: Gold-Zertifikat­e lohnen sich für diejenigen, die ihr Investment als Spekulatio­n sehen und auf einen raschen Kursanstie­g hoffen. Oder auf fallende Kurse, denn auch darauf kann man analog zum Aktienmark­t wetten.

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