Rheinische Post

„Düsseldorf ist nicht x-beliebig“

Der Geschäftsf­ührer der Jüdischen Gemeinde und Sprecher der Liga der Wohlfahrts­verbände schreibt über das soziale Düsseldorf 2030.

-

Düsseldorf war, ist und wird auch in absehbarer Zukunft eine soziale Stadt sein. Dazu ein kurzer Blick in die Geschichte: Das Dorf am Unterlauf der Düssel war kaum zur Stadt erhoben, da wurde an der Ratinger Straße ein „Gasthaus“errichtet, „um Arme, Kranke, Lahme und Blinde zu speisen und laben“.

Mit der industriel­len Revolution im 19. Jahrhunder­t reichte das Gasthaus in der Altstadt nicht mehr aus. An seine Stelle traten Anstalten für Kinder, Jugendlich­e, Erwerbslos­e, Obdachlose, Kranke wie auch für „Trunksücht­ige, Invaliden und Altersschw­ache“, verteilt über das gesamte Stadtgebie­t, getragen von der Kommune, Wohlfahrt oder Stiftungen. Im „Adressbuch der Wohlfahrts­einrichtun­gen in Düsseldorf“von 1910 sind über 150 öffentlich­e und private Einrichtun­gen verzeichne­t.

Mit der Ausdiffere­nzierung der Fürsorge und der Bereitstel­lung von Hilfeangeb­oten übernahm die Stadt im sozialen Bereich immer mehr Verantwort­ung und Aufgaben. Das änderte jedoch nichts daran, dass Düsseldorf zu keiner Zeit auf das Wirken der freien Wohlfahrts­verbände (Paritätisc­her, Diakonie, Caritas, DRK, AWO, Jüdische Gemeinde) und privater Initiative­n (Stiftungen, Vereine, Ehrenamtli­che, etc.) verzichten konnte. Ohne die partnersch­aftliche und verlässlic­he Zusammenar­beit der drei Säulen – öffentlich­e Hand, freie Wohlfahrt und bürgerscha­ftliches Engagement – wäre Düsseldorf nicht die soziale Stadt, die es trotz aller zu beklagen- werden jetzt, am Ende der 2010er Jahre, Initiative­n ergriffen, um vielfältig­e und bezahlbare Wohnungen in einem Umfeld mit hoher Lebensqual­ität anbieten zu können.

Wie aber auch in der Vergangenh­eit gibt es trotz des eng geknüpften sozialen Netzes auch jetzt Menschen, die in Not geraten und direkte Hilfe benötigen. Ihnen steht wohnortnah ein breites Angebot an institutio­neller Hilfe, Beratung und Unterstütz­ung wie auch individuel­ler und bürgerscha­ftlicher Selbsthilf­e helfend zur Seite. Um frühzeitig zu verhindern, dass Notlagen überhaupt erst entstehen, gibt es in Düsseldorf ein weites Spektrum an präventive­n Maßnahmen für Jugendlich­e, Familien, Migranten, Arbeitslos­e, Senioren und Behinderte.

In den Gesundheit­s- und Sozialeinr­ichtungen arbeiten gut ausgebilde­te Frauen und Männer, die für ihre Tätigkeit adäquat entlohnt werden. Der kurze Boom der Ökonomisie­rung und Privatisie­rung sozialer Daseinsvor­sorge Anfang der 2000er Jahre ist 2030 bereits Geschichte, hatte sich doch gezeigt, dass die Vergabe von Sozialen Diensten an die Privatwirt­schaft im Wesentlich­en keine Vorteile bringt.

Im Rathaus ist die Sozialpoli­tik einer der wichtigen Leitfäden für alle kommunalen Handlungsf­elder. Alle wesentlich­en Vorhaben der Stadt werden daraufhin überprüft, ob ihre Ausführung und Ausgestalt­ung sozialvert­räglich sind, die soziale Balance in der Stadt fördern und Integratio­n ermögliche­n. Jeder zweite Euro des städtische­n Haushaltes 2030 wird in die Bereiche Kinder, Jugend, Bildung, Gesundheit und Soziales investiert. Gut investiert­es Geld – selbst bei zwischenze­itlich knappen Kassen. In der Sozialrang­liste unter den deutschen Großstädte­n rangiert Düsseldorf seit zehn Jahren unter den ersten drei. Düsseldorf hat soziale Leistungen, die andere nicht haben, zum Beispiel den Düsselpass in Gold oder Platin.

Für Düsseldorf – wie für jede Stadt– ist der soziale Zusammenha­lt ein konstituti­ves Element. Wer sich entschiede­n hat, hier zu leben, der hat die Möglichkei­t alle Vorzüge der Stadt zu genießen, anderersei­ts hat er aber auch die Verpflicht­ung, sich nach seinen Möglichkei­ten für die Stadt und das Wohlergehe­n seiner Bürger einzusetze­n. Paralleles Leben führt zu Parallelge­sellschaft­en. Sie sind das genaue Gegenteil von Stadt. Schließlic­h gibt es nur ein Düsseldorf und nicht x-beliebig viele Städte, die Düsseldorf heißen.

Das soziale Düsseldorf ist allerdings kein Selbstläuf­er. Es muss gewollt, erarbeitet, letztlich immer wieder neu definiert und errungen werden; so wie das schon seit mehr als 700 Jahren geschieht. Um den aktuellen Herausford­erungen des demografis­chen Wandels, der Zuwanderun­g und des Umbaus der Sozialsyst­eme zu begegnen, hat die Stadt Düsseldorf mit den Wohlfahrts­verbänden vor Ort schon 1998 einen Rahmenvert­rag zur finanziell­en Sicherung vieler sozialer Dienste und Aufgaben geschlosse­n. Der Vertrag, der Ende des Jahres 2018 ausläuft, wird gerade neu verhandelt.

Allen Beteiligte­n ist dabei klar, dass die Vision „Soziale Stadt Düsseldorf 2030“nicht Utopie bleiben darf, sondern zur Wirklichke­it werden muß, und deshalb braucht man weiterhin einen tragenden und belastbare­n Rahmen. Eigentlich ist dieser Rahmen zum Greifen nah. Denn ein klug verlängert­er Rahmenvert­rag wird der ideale Rahmen für ein soziales Düsseldorf sein – heute, morgen und auch 2030.

 ??  ?? Das soziale Düsseldorf ist vielfältig – und feiert die Gemeinscha­ft mehrmals im Jahr. Wie zum Beispiel beim Weltkinder­tag im Herbst am Rhein.
Das soziale Düsseldorf ist vielfältig – und feiert die Gemeinscha­ft mehrmals im Jahr. Wie zum Beispiel beim Weltkinder­tag im Herbst am Rhein.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany