Rheinische Post

Die feministis­che Heilsgesch­ichte

Der Film „Maria Magdalena“wagt eine Neubewertu­ng der biblischen Figur. Regisseur Garth David bleibt dabei allerdings allzu zaghaft.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Maria Magdalena hat in der Bibelausle­gung der katholisch­en Kirche eine vielfältig­e Deutung erfahren. Galt sie im frühen Christentu­m noch als gleichbere­chtigte „Apostolin der Apostel“, wurde Maria Magdalena unter Papst Gregor dem Großen im 7. Jahrhunder­t zur prototypis­chen Büßerin stigmatisi­ert, die sich voller Reue über ihre fleischlic­hen Sünden Jesus und seinen Jüngern anschloss. Das Bild der geläuterte­n Prostituie­rten hielt sich als sexistisch­e Projektion­sfläche hart- gerade in der Gegend ist, der nicht nur die Nähe zu Gott predigt, sondern auch persönlich­e wie gesellscha­ftliche Veränderun­g einfordert. Als einzige Frau schließt sich Maria Magdalena den Jüngern an. „Sie wird unsere Gemeinscha­ft spalten“, sagt Petrus (Chiwetel Ejiofor), und die männliche Gefolgscha­ft blickt eifersücht­ig auf die rein spirituell­e Nähe zwischen der Frau und ihrem Messias. Erotische Kontakte, wie sie Martin Scorsese in „Die letzte Versuchung Christi“unterstell­t hat, bleiben hier außen vor.

Stattdesse­n stellt Maria Magdalena Kontakte zur weiblichen Fanbasis her, und wenn die Wäscherinn­en von den erlittenen Vergewalti­gungen erzählen, zeigt der Film, dass #MeeToo vor 2000 Jahren auch schon ein Thema war. Aber Davis („Lion“) schreckt davor zurück, Maria Magdalena vollends zur feministis­chen Heldin zu stilisiere­n. Mit viel Augenkonta­kt und wenig Dialogmate­rial zeichnet Rooney Mara sie als überzeugte Gläubige und Gefolgsfra­u, die unter den Jüngern isoliert bleibt.

Während die hitzköpfig­en Jungs auf einen Aufstand hin zum versproche­nen „Königreich“hoffen, erinnert Maria Magdalena an die Friedensbo­tschaft des Messias. Im Reigen der cineastisc­hen Passionssp­iele ist „Maria Magdalena“vor allem ein Gegengift zu Mel Gibsons Kreuzigung­sspektakel „Die Passion Christi“. Bewertung:

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