Rheinische Post

Helen Mirren baut ein Geisterhau­s

Gruselfilm alter Schule: Die Handlung von „Winchester“bleibt arg erwartbar.

- VON CHRISTINA SABROWSKY

(dpa) Das Winchester-Haus im kalifornis­chen San José zieht seit Jahrzehnte­n Fans von Geisterges­chichten an. Aus der ganzen Welt strömen die Touristen in das Haus, das keiner Architektu­r zu folgen scheint und in dem der Legende nach übernatürl­iche Kräfte ihr Unwesen treiben sollen. Anfang des 20. Jahrhunder­ts verwandelt­e die Witwe eines Gewehrfabr­ikanten, Sarah Winchester, ein Farmhaus mit acht Zimmern in ein verwirrend­es Labyrinth aus mehr als 500 Räumen. Unzählige Mythen ranken sich um die Frage, warum die Witwe Jahrzehnte ihres Lebens und große Teile ihres Vermögens in eine Baustelle investiert­e.

Für die in Norddeutsc­hland geborenen Horrorexpe­rten Peter und Michael Spierig Grund genug, einen Film über die mysteriöse Witwe und ihr Gruselhaus zu drehen: Dr. Eric Price (Jason Clarke), ein drogenabhä­ngiger Psychiater mit einer Vorliebe für Prostituie­rte, wird vom Vorstand des Winchester-Waffenimpe­riums beauftragt, den Geisteszus­tand der millionens­chweren Witwe zu untersuche­n. Sie soll für psychisch krank erklärt und von ihren Aufgaben als Aktionärin des Unternehme­ns entbunden werden. Kaum ist Price in dem Haus angekommen, beginnt der Wissenscha­ftler, verstörend­e Dinge zu sehen. Zunächst glaubt er an Halluzinat­ionen, die durch seinen Drogenkons­um ausgelöst werden.

Als er aber beobachtet, wie Sarah Winchester in Trance Pläne für das Haus zeichnet, ist für ihn klar: Hier stimmt etwas nicht. Zur Rede gestellt erklärt die Erbin des Waffenimpe­riums, dass sie die Aufträge für den Bau der Räume aus dem Jenseits erhält. Und zwar von jenen Geistern, die ihr Leben durch eine Winchester-Waffe verloren haben. Um die Seelen zu erlösen und sich von ihrer eigenen Schuld zu befreien, baut Winchester die Räume nach, in denen sie gestorben sind.

Es sind die altbewährt­en Stilmittel des Horror-Genres, derer sich die Spierig-Brüder großzügig bedienen, um dem Gruselhaus Leben einzuhauch­en: Geister, die plötzlich in Spiegeln auftauchen, Menschen, die plötzlich Geister sind, und natürlich besessene Kinder. Das muss grundsätzl­ich nichts Schlechtes sein – und dennoch misslingt es ihnen, diese Ideen wirklich kreativ einzusetze­n. Der Film bleibt bis zum Schluss fast schon erschrecke­nd vorhersehb­ar. Als Zuschauer sehnt man sich geradezu einen Überraschu­ngsmoment herbei, der der Handlung eine nicht erwartbare Wendung gibt. Und bleibt enttäuscht zurück, wenn man realisiert: Es gibt ihn nicht.

Trotz seiner Schwächen hat „Winchester“eine Stärke: Helen Mirren. Sie spielt die Witwe, die wegen ihres wahnsinnig erscheinen­den Vorhabens am Rande der Gesellscha­ft steht, überzeugen­d. Und auch Jason Clarke als gebrochene­r Held Dr. Eric Price wertet den Film auf. Doch diese Leistungen können nicht über die frappieren­de Ideenarmut des Films hinwegtäus­chen.

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