Rheinische Post

Fortuna-Fan seit fast 100 Jahren

Karin Vieten ist 95 Jahre alt und fiebert bei jedem Spiel von Fortuna Düsseldorf mit. Ihre größten Wünsche: Dass der Verein aufsteigt – und dass sie das Team noch mal internatio­nal spielen sieht.

- VON ADRIAN TERHORST

Wenn sogar an einem Rollator eine Klingel befestigt ist, die das Wappen von Fortuna Düsseldorf ziert, dann wird deutlich, wie groß die Liebe zu einem Fußballver­ein sein kann. Das Besondere: Karin Vieten ist 95 Jahre alt und damit vermutlich der älteste Fortuna-Fan. Ihr Herz schlägt seit Jahrzehnte­n für den aktuellen Spitzenrei­ter der zweiten Fußball-Bundesliga. Dies verdeutlic­ht auch ein Blick in ihr Wohnzimmer: Fortuna ist dort allgegenwä­rtig. Über dem Esstisch hängt ein Wimpel, an der Wand dahinter ein F95-Kalender, auf der Fensterban­k steht eine Fortuna-Lampe, neben dem Fernseher ein eingerahmt­es Trikot, auf dem Couchtisch liegt ein Fortuna-Frühstücks­brett. „Fortuna ist halt für mich der einzig wahre Verein“, sagt die Seniorin, die bis 2010 in Düsseldorf wohnte, ehe sie nach Wachtberg-Berkum in die Nähe von Bonn zu ihrem Sohn Wolfgang und dessen Familie zog.

Aufgewachs­en mit vier Geschwiste­rn auf einem Bauernhof in Neukirchen, einem Ortsteil von Grevenbroi­ch, entwickelt­e sie bereits als junges Mädchen Sympathien für ihre Fortuna. Als Düsseldorf am 11. Juni 1933 im Finale gegen den FC Schalke 04 die erste und bislang einzige Deutsche Meistersch­aft feierte, war sie bereits Fan.

Vage kann sich die 95-Jährige noch an die anschließe­nden Feierlichk­eiten erinnern. „Die Mannschaft wurde hochgejube­lt in der Stadt“, sagt sie. Gefallen habe ihr von der Meisterman­nschaft vor allem die spätere Vereinsiko­ne Paul Janes. 46 Jahre später war sie beim nächsten großen Vereinserf­olg live dabei, als Hertha BSC Berlin im Pokalfinal­e mit 1:0 besiegt wurde. Und auch 1980, ein Jahr später, erlebte sie die Titelverte­idigung gegen den Erzrivalen 1. FC Köln live im Stadi- on. Die 70er-Jahre seien aus Fortuna-Sicht überhaupt eine tolle Zeit gewesen, stellt sie fest. Auch weil Düsseldorf in dieser Zeit häufig internatio­nal spielte – etwas, das sich Vieten übrigens nun wieder von der Mannschaft wünscht: „Das wäre toll“, sagt sie. „Und dann am liebsten gegen den FC Liverpool, weil Jürgen Klopp dort Trainer ist“, sagt sie.

Von den Spielern aus den 70ern habe sie vor allem Klaus Allofs ge- mocht. „Er war nicht nur ein guter Fußballer, sondern auch einfach ein netter Mann“, sagt Vieten. In dem Haus, in dem sie und ihre Familie damals in Pempelfort wohnten, habe der Fußballer sogar ein Büro gehabt. „Deshalb ist man sich auch häufiger mal über den Weg gelaufen.“Doch 1981 wechselte er zum Erzrivalen nach Köln. Zu dem Verein, der in diesem Jahr wohl aus der Bundesliga absteigen wird. Dem blickt Vieten mit gemischten Gefüh- len entgegen. „Falls wir aufsteigen, wäre es natürlich schön, gegen Köln zu spielen“, sagt sie. „Aber eigentlich war mir der FC immer schnuppe.“Bände spricht aber die Fußmatte vor ihrem Fernsehses­sel, die das Kölner Vereinslog­o trägt. „Passt doch gut, um mir darauf die Schuhe abzutreten“, sagt sie.

Die 95-Jährige hofft fest, dass es diese Saison mit dem Aufstieg klappt. Der Mannschaft rät sie, „immer bis zum Schluss zu kämpfen“. Sie sagt es im Hinblick auf die 3:4Niederlag­e gegen Jahn Regensburg vor einigen Wochen, als Fortuna eine 3:0-Führung noch verspielte. „Das war furchtbar“, sagt sie. Die restlichen Heimspiele wird Karin Vieten auch live in der Düsseldorf­er Esprit-Arena verfolgen: Fortunas Vorstandsv­orsitzende­r Robert Schäfer hatte mitbekomme­n, dass die 95-Jährige anscheinen­d ein wahrer Glücksbrin­ger ist. Denn in jeder Partie, die sie in dieser Saison live im Stadion verfolgte, ging die Funkel-Elf als Sieger vom Platz. Also schenkte er ihr und einem Begleiter bis zum Ende der Saison eine Dauerkarte.

Sie würde sich deshalb freuen, „wenn Fortuna den Aufstieg in einem der Heimspiele klarmachen würde“, sagte Vieten. Vereinsmit­glied ist die 95-Jährige trotz ihrer langjährig­en Fortuna-Leidenscha­ft übrigens nicht. Wieso das so ist, weiß sie selbst nicht so recht. Einen richtigen Grund dafür gebe es nicht. Doch sollte Fortuna Düsseldorf aufsteigen, werde sie es sich nochmal überlegen. „Dann hole ich mir aber direkt die lebenslang­e Mitgliedsc­haft.“

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