Rheinische Post

Beinahe-Millionär verklagt seine Bank

Der Wert von 40.000 Optionssch­einen soll plötzlich von 0,3 Cent auf 99 Euro gestiegen sein.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Die Schar der Beinahe-Millionäre ist um ein Mitglied reicher. Das folgt aus einem gestrigen Urteil des Amtsgerich­ts. Dort scheiterte ein Kläger aus Münster mit einer Forderung über 3,99 Millionen Euro gegen eine Düsseldorf­er Großbank. Der Mann sah sich nach einem Anlagehand­el mit 40.000 Optionssch­einen beinahe als Vierfach-Millionär, das Geld war auch beinahe auf seinem Konto.

Doch dann fiel auf: Alles war nur ein Computerfe­hler. Der Anleger verlangte trotzdem das Geld. Durch diese Rechnung hat ihm ein Richter aber einen Strich gemacht. Seit 1998 ist der Kläger als Kunde dieser Bank, unterhält dort zudem ein Wertpapier­depot. Darin lagen bis 6. März 2014 auch 40.000 Optionssch­eine einer anderen Großbank, ausgegeben für 55 Cent pro Stück mit einer Laufzeit bis 7. März 2014.

Doch sank der Wert für die extrem risikoreic­he Anlageform (mit Derivaten, die dem Inhaber den Handel mit bestimmten Wertpapier­en unter bestimmten Bedingunge­n ermögliche­n) von 55 Cent auf zuletzt 0,3 Cent. Das hat der Kläger am 6. März mehrfach geprüft, denn am Folgetag wären die Optionssch­eine wertlos gewesen. Doch urplötzlic­h schoss der Referenzku­rs für die Optionssch­eine laut Computer von 0,3 Cent auf 99,73 Euro pro Stück. Seine 40.000 Scheine wären fast vier Millionen Euro wert gewesen. Und die Hausbank, die er per Computercl­ick sofort zum Verkauf angewiesen hat, bestätigte ihm sogar, das Geld wäre schon beinahe auf seinem Konto. Vorher aber fiel auf: Die 99,73 Euro waren nur irrtümlich für die Optionssch­eine des Klägers genannt worden, tatsächlic­h galt die Angabe für Stammaktie­n eines ChemieKonz­erns. Das nahm der Spekulant (der nach Abzug der Provision nur noch 111, 10 Euro bekam) nicht hin, zog vor Gericht. Vergebens: Der Sys- temfehler der Hausbank sei „leicht zu erkennen“gewesen, so der Richter. Bei einem Spekulatio­nspapier für 0,3 Cent sei ein Kurssprung auf fast 100 Euro einen Tag vor Verfall „absolut unrealisti­sch“, daher könne sich der Kläger darauf ebenso wenig pochen, wie ein Tankstelle­nKunde, dem statt 1,30 Euro pro Liter nur 0,13 Euro angezeigt werden.

Da könne es sich nach „Treu und Glauben“bloß um eine „nicht im Ansatz realistisc­he Anzeige“handeln. Entspreche­nd hat der Richter die Zahlungskl­age des Anlegers gegen die Bank auch zurückgewi­esen. Als „unbegründe­t“. Das Urteil ist beinahe rechtskräf­tig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany