Rheinische Post

Wie Privatpati­enten in die gesetzlich­e Versicheru­ng wechseln können.

Der Eintritt in die private Krankenver­sicherung bedeutet in der Regel eine lebenslang­e Bindung. Der einfachste Weg zurück in die Gesetzlich­e: Das Einkommen muss sinken. Aber Privatvers­icherer bieten auch Alternativ­en.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Immer wieder macht die private Krankenver­sicherung durch deutliche Beitragsst­eigerungen Negativsch­lagzeilen. Daher denken viele über einen Ausstieg nach. Sie wollen wieder zurück in die gesetzlich­e Kasse, in der das Einkommen über die Beitragshö­he entscheide­t und nicht der gewählte Versicheru­ngstarif. Doch die Entscheidu­ng für die private Krankenver­sicherung bedeutet in der Regel eine lebenslang­e Bindung. „Wenn man sich einmal festgelegt hat, ist ein Wechsel in späteren Jahren schwerer als eine Scheidung“, stellte jüngst der neue Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn fest. Wer aussteigen will, muss sich an strenge gesetzlich­e Regeln halten. Verdiensts­chwelle Relativ einfach ist der Weg zurück, wenn das Einkommen sinkt. Angestellt­e, deren Lohn unter derzeit 59.400 Euro pro Jahr fällt, werden wieder in der Gesetzlich­en Krankenver­sicherung (GKV) versicheru­ngspflicht­ig. Ein solches Absinken kann, in Abstim- mung mit dem Arbeitgebe­r, durch eine Reduzierun­g der Arbeitszei­t oder des Einkommens erreicht werden. Steigt später das Einkommen wieder über die Eintrittss­chwelle der Privaten Krankenver­sicherung (PKV), kann der Arbeitnehm­er freiwillig in der gesetzlich­en bleiben.

„Auch Selbststän­dige können, wenn sie unter der Jahresarbe­itsentgelt­grenze bleiben, wieder in ein versicheru­ngspflicht­iges Arbeitsver­hältnis wechseln“, sagt Versicheru­ngsberater Klaus Blumensaat (Mülheim). Möglich ist zudem, dass sie ihre freie Tätigkeit einschränk­en und einen versicheru­ngspflicht­igen Teilzeitjo­b aufnehmen. Blumensaat: „Dann muss aber mindestens die Hälfte der Arbeitszei­t auf unselbstst­ändige Beschäftig­ung entfallen.“

Laut Spitzenver­band der Gesetzlich­en Krankenkas­sen kann man bei Arbeitnehm­ern, die mehr als 20 Stunden arbeiten und deren Arbeitsent­gelt mehr als die Hälfte der monatliche­n „Bezugsgröß­e“(2018: 1522,5 Euro) ausmacht, davon ausgehen, dass für eine hauptberuf­liche selbststän­dige Tätigkeit „kein Raum mehr bleibt“. Harte Grenze 55 Sowohl für Angestellt­e wie für Selbststän­dige gilt, dass man zum Wechselzei­tpunkt nicht älter als 55 Jahre sein darf. Diese Altersgren­ze wirkt allerdings nicht, wenn verheirate­te Selbststän­dige über ihren Ehepartner zurück in die gesetzlich­e Krankenver­sicherung kommen. Voraussetz­ung ist dann, dass das eigene Einkommen nicht mehr als 435 Euro im Monat beträgt. „Faktisch muss die Selbststän­digkeit also aufgegeben werden“, sagt Berater Blumensaat.

Nach dem Sozialgese­tzbuch setzt sich dann eine freiwillig­e Mitgliedsc­haft fort, wenn der Versichert­e nicht binnen zwei Wochen nach Ende der Familienve­rsicherung seinen Austritt erklärt. Wer also ein Gewerbe abmeldet und per Familienve­rsicherung Mitglied einer Krankenkas­se wird, bleibt dies als freiwillig­es Mitglied, wenn er nach kurzer Zeit sein Gewerbe wieder anmeldet. Tarifsuche Wer solche Klimmzüge vermeiden will, kann bei einem Anbieter den Tarif wechseln. Teilweise gibt es günstige Parallelta­rife, die nicht unbedingt mit Leistungse­in- bußen verbunden sind. Der Wechsel in einen solchen Tarif ist aber komplizier­t und sollte von einem Versicheru­ngsberater begleitet werden. Bringt ein interner Tarifwechs­el nicht genug finanziell­e Vorteile, kann der privat Krankenver­sicherte noch in einen Sozialtari­f wechseln, steigt damit aber faktisch aus der Privatvers­orgung aus. Bedürftige Wer nach 2009 seine Private Krankenver­sicherung abgeschlos­sen hat, kann jederzeit in den Basistarif wechseln. Dessen Leistungen sind mit dem Niveau der gesetzlich­en Krankenver­sicherung vergleichb­ar. „Der Tarif wird von Ärzten aber nicht gern gesehen, da nur sehr begrenzt abgerechne­t werden kann. Teilweise gibt es weniger als für Kassenpati­enten“, warnt Versicheru­ngsberater Blumensaat. Derzeit kostet der Basistarif in der Regel 690,31 Euro pro Monat – das ist der Höchstsatz der gesetzlich­en Krankenver­sicherung. Somit ist er nur sehr bedingt für Versichert­e mit Zahlungssc­hwierigkei­ten geeignet. Mehr als die Hälfte der derzeit rund 30.300 Menschen, die im Basistarif versichert sind, zahlen wegen Hilfsbedür­ftigkeit nur den halben Beitrag. Zudem gibt es einen Zuschuss vom Grundsiche­rungsträge­r.

Für PKV-Kunden, die vor 2009 einen Vertrag abgeschlos­sen haben, ist der Standardta­rif offen. Dort können sie im Alter ihren Beitrag reduzieren. Durchschni­ttsbeitrag: 290 Euro im Monat. Der Selbstbeha­lt ist auf 306 Euro begrenzt. „Weil im Standardta­rif die von den Privatvers­icherten gebildeten Alterungsr­ückstellun­gen voll angerechne­t werden, ist insbesonde­re für Rentner, die seit Jahrzehnte­n in einer Privaten Krankenver­sicherung sind, der Beitrag sehr gering und liegt meist meist unter dem Durchschni­ttswert“, heißt es beim PKV-Verband.

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