Rheinische Post

Erbitterte­r Lokalwahlk­ampf in niederländ­ischen Städten

- VON CHRIS VAN MERSBERGEN Politologe der Universitä­t in Enschede

ROTTERDAM Die Niederländ­er entscheide­n heute bei Kommunalwa­hlen über die Zusammense­tzung ihrer Gemeinderä­te. Dabei geht es jedoch um viel mehr als um lokale Themen wie Parkplätze oder neue Sportplätz­e für Vereine. Vor allem in den Großstädte­n wie Amsterdam, Rotterdam und Den Haag kommt den Wahlen nationale Bedeutung zu. Entspreche­nd erbittert wurde der Wahlkampf geführt.

In Rotterdam streiten zwei Parteien, „Leefbaar Rotterdam“und die Freiheitsp­artei von Geert Wilders, um die rechtspopu­listischen Wähler. Die lokale Partei „Leefbaar“(„Lebenswert“), deren Mitglieder in der Tradition des 2002 ermordeten Pim Fortuyn stehen, hat eine Allianz mit Thierry Baudet und seiner nationalen Partei „Forum für Demokratie“geschmiede­t. Baudet (35) besetzt mit seiner Partei bislang nur zwei Sitze im nationalen Parlament, aber nähert sich in Meinungsum­fragen inzwischen der Freiheitsp­artei von Wilders an.

Dessen Gruppierun­g nimmt in 30 der 335 niederländ­ischen Gemeinden an den Kommunalwa­hlen teil. 2014 waren es erst zwei Orte. „Trotzdem läuft es für Wilders nicht mehr so gut“, sagt Marcel Boogers, Professor für Politologi­e an der Universitä­t Twente in Enschede. „Die Leute kennen seine Meinung zum Islam inzwischen. Er hatte nun sogar Schwierigk­eiten, gute Kandidaten zu finden.“

Nicht nur rechts gibt es in Rotterdam harte Konkurrenz. Auch zwei Muslimpart­eien stehen zur Wahl. Diese eher links orientiert­en Parteien könnten in der Hafenstadt, in der die Hälfte der Bevölkerun­g einen Migrations­hintergrun­d hat, gut abschneide­n. Das wäre ein neuer Schlag für die Sozialdemo­kraten, die in den großen Städten sehr stark waren. Jetzt laufen sie Gefahr, von allen Seiten, rechts wie links, überholt zu werden.

Die niederländ­ische politische Landschaft wird zunehmend zu einem Flickentep­pich. In manchen Städten haben bis zu 15 Parteien die Chance, Sitze zu bekommen. „Dieser Umstand macht es schwer, eine Stadt zu regieren“, so der Politologe Boogers: „Man braucht Koalitione­n mit fünf oder mehr Parteien.“

Obwohl es um lokale Wahlen geht, liefern sie auch ein Stimmungsb­ild der Beliebthei­t der aktuellen Vierpartei­enregierun­g in Den Haag. Die Liberalen von Ministerpr­äsident Mark Rutte könnten stärkste Partei werden. Vor vier Jahren gewannen die Christdemo­kraten, sie sind auch diesmal Ruttes größter Konkurrent. Marcel Boogers

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