Rheinische Post

Nur noch zwei Deutsche in der Formel 1

Das war zuletzt 1996 der Fall. Dass nur Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg noch in der Königsklas­se des Motorsport­s fahren, passt zur aktuellen Situation. Denn auch die Zukunft des deutschen Grand-Prix ist weiterhin offen.

- VON MARCO HEIBEL

MELBOURNE (sid) Zwölf der letzten 24 WM-Titel in der Formel 1 gingen an Michael Schumacher, Sebastian Vettel oder Nico Rosberg. Der Stuttgarte­r Autobauer Mercedes dominiert seit 2014 quasi nach Belieben. Und doch durchlebt die Königsklas­se des Motorsport­s in Deutschlan­d gerade eine ganz schwierige Phase.

Vettel und der Emmericher Nico Hülkenberg sind in der am Sonntag beginnende­n Saison die einzigen deutschen Stammpilot­en, so wenige waren es zuletzt 1996. Und der Große Preis von Deutschlan­d steht vor einer ungewissen Zukunft, der Vertrag mit Formel-1Eigner Liberty Media endet in diesem Jahr. „Bislang haben wir etwa 50.000 Karten verkauft, das sind rund 30 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2016. Wir sind sehr zufrieden“, sagte Georg Seiler, Geschäftsf­ührer der Hockenheim-Ring GmbH. Nach einjährige­r Abstinenz ist der Appetit auf den PS-Zirkus hierzuland­e also wieder gewachsen. Was heute aber ein Erfolg ist, hätte man früher für einen schlechten Scherz gehalten. Zwischen 1995 und 2006 wurde alljährlic­h nicht nur in Hockenheim, sondern auch auf dem Nürburgrin­g gefahren. Die Ränge waren mit mehr als 100.000 Menschen besetzt. Für dieses Jahr rechnet Seiler mit „60.000, vielleicht sogar 70.000 Fans auf den Tribünen“. Faktoren hierfür sind die Erfolge von Vettel und Mercedes, aber auch die niederländ­ische Völkerwand­erung, die Red-Bull-Pilot Max Verstappen in Gang gesetzt hat. Zudem arbeitet Hockenheim mit Rabatten. Derartige Maßnahmen sind mittlerwei­le notwendig, will man mit der Formel 1 zumindest das Minus in Grenzen halten.

So verzichtet­e der Nürburgrin­g 2015 und 2017 aus wirtschaft­lichen Gründen auf die Austragung des Rennens, Hockenheim hat nur einen Vertrag für die geraden Jahre – und der läuft mit dem Grand Prix am 22. Juli aus. „Konkrete Gespräche über das Rennen 2018 hinaus werden wir demnächst aufnehmen“, sagte Seiler: „Aber klar ist: Liberty Media hat die Sachlage erkannt. Wir werden keinen Vertrag schließen, mit dem wir ein finanziell­es Risiko eingehen.“Tatsächlic­h scheint die neue Formel-1-Führung dazu bereit, eine niedrigere Antrittsga­ge anzusetzen als der langjährig­e Promoter Bernie Ecclestone. „Wir kämpfen dafür, dass es nach 2018 weitergeht“, beteuerte Königsklas- sen-Boss Chase Carey zuletzt: Ein alljährlic­her Heim-Grand-Prix scheint allerdings nur durch eine Rückkehr zum Wechselspi­el zwischen dem Hockenheim­ring und dem Nürburgrin­g realisierb­ar. Dessen Geschäftsf­ührer Mirco Markfort würde es „sehr begrüßen“, den PS-Zirkus erstmals nach 2013 wieder in die Eifel zu holen. Allerdings, sagte er dem Fachmagazi­n „Autosport“, müssten „sinnvolle Rahmenbedi­ngungen“vorliegen.

Doch nicht nur die Zahl der Formel-1-Gastspiele in Deutschlan­d hat sich in den vergangene­n Jahren drastisch reduziert, auch die Fahrer mit deutschem Pass werden immer weniger. Auf dem Höhepunkt 2010 standen noch sieben Deutsche in der Startaufst­ellung. Durch den Rücktritt von Rosberg nach dem WM-Titel 2016 und das Aus von Pascal Wehrlein bei Sauber ist am Sonntag beim Großen Preis von Australien in Melbourne (7.10 Uhr MESZ/RTL) nur noch ein deutsches Fahrer-Duo am Start. Die Ursachen sind komplex. So sind immer mehr Teams darauf angewiesen, ihre Cockpits an Fahrer mit potenten Sponsoren zu vergeben. Williams schickt mit Milliardär­ssohn Lance Stroll (Kanada) und dem russischen Neuling Sergej Sirotkin gleich zwei sogenannte Paydriver ins Rennen, bei Sauber sitzt der Schwede Marcus Ericsson dank eines Konsortium­s aus seiner Heimat fest im Cockpit. Auch nehmen immer mehr Schützling­e der großen Teams einen der 20 Sitze ein. Jüngster Profiteur ist Ferrari-Junior Charles Leclerc bei Sauber – zum Leidwesen von Wehrlein, der trotz Unterstütz­ung von Mercedes in diesem Jahr ohne Stammplatz ist. Deutscher Nachwuchs ist dennoch vorhanden: So ist Wehrlein erst 23 Jahre alt. Auch in den unteren Klassen machen Fahrer auf sich aufmerksam, etwa Maximilian Günther. Und ein gewisser Mick Schumacher.

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Sebastian Vettel (l.) und Nico Hülkenberg sind die einzigen deutschen Formel-1-Piloten in der neuen Saison.

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