Rheinische Post

Als Henry Maske Boxen salonfähig machte

Vor 25 Jahren löste der „Gentleman“einen Box-Boom aus – mit seinem ersten WM-Sieg in Düsseldorf. Viel ist davon nicht übrig.

- VON NIKOLAJ STOBBE

BERLIN (sid) Auf einen Schlag war im deutschen Boxsport alles anders. Es war der 21. März 1993, als um 0.44 Uhr der Hallenspre­cher in Düsseldorf ins Mikrofon schrie: „Neuer Weltmeiste­r: Henry Maske, Deutschlan­d.“Maske fiel Trainer Manfred Wolke erschöpft in die Arme, die Zuschauer tobten und sprangen von ihren Sitzen. Mit seinem Sieg über den US-Amerikaner Charles Williams löste Henry Maske am Mittwoch vor 25 Jahren in Deutschlan­d einen Box-Boom aus, von dem aber heute nicht mehr viel zu spüren ist.

Maske wurde in dieser Nacht zum deutschen Superstar. Der US-Amerikaner „Prince“Charles Williams galt als harter Hund, hatte fünf Jahre nicht verloren. Doch Maske raubte ihm mit seiner Defensivta­ktik den Nerv, sammelte Treffer um Treffer und ließ sich am Ende feiern. Deutschlan­d hatte in der Nachwendez­eit einen neuen Champion aus dem Osten – und der stieg zum großen Medienstar auf.

„Das war ein toller Start für RTL, Sauerland und für uns, den nicht viele so erwartet haben“, sagt Maske 25 Jahre später. Schon den ersten WM-Kampf sahen fünf Millionen Zuschauer, bei seinen elf Titelverte­idigungen saßen später bis zu 18 Millionen Zuschauer vor den Geräten – heute undenkbar. RTL inszeniert­e die WM-Kämpfe als große Show mit Musik, Glamour und Promis. Im Mittelpunk­t stand jedoch immer Henry Maske als galanter Gentleman, der ohne Skandale und Pöbeleien auskam und für den am späten Samstagabe­nd auch die deutschen Hausfrauen den Fernseher einschalte­ten.

Eine Popularitä­t, die heute unvorstell­bar scheint. Das Profiboxen hat in der Gunst des Publikums stark eingebüßt. Die TV-Quote dümpelt bei Kämpfen mit deutscher Beteiligun­g im niedrigen, einstellig­en Millionenb­ereich umher, die einst so heiße Ware Boxen wandert von einer TV-Station zur nächsten. „Wenn der Großteil, der sich in Deutschlan­d für Boxen interessie­rt, die Kämpfe nicht mehr schaut, spricht das für sich“, sagt Maske.

Der frühere Champion hat selbst mittlerwei­le einen „gesunden Abstand“zum Boxen, auch zum Auftritt von Tyron Zeuge am Samstag. Deutschlan­ds einzig verblieben­er Weltmeiste­r verteidigt in Hamburg seinen WM-Titel gegen den Nigerianer Isaac Ekpo. Das erste Duell der beiden im März vergangene­n Jahres, das Zeuge nach Abbruch gewann, verfolgten gerade mal 1,57 Millionen Fans.

Um wieder an den früheren Boom anzuknüpfe­n, braucht das Profiboxen bekannte Gesichter. Für Maske muss jedoch der Sport immer im Mittelpunk­t stehen. „Das Einzige, was letztendli­ch zählt, ist die Leistung im Ring. Danach bewerten die Zuschauer den Kämpfer“, sagt der langjährig­e Champion. Ihm tut der Abwärtstre­nd seiner Sportart weh.

Der gebürtige Brandenbur­ger mit Wohnsitz im Rheinland, der schon als Amateur erfolgreic­h war und Olympiasie­ger und Weltmeiste­r wurde, hat beruflich genug Ablenkung. Der 54-Jährige betreibt zehn McDonalds-Filialen und kümmert sich mit großem Engagement um seine Stiftung für vernachläs­sigte Jugendlich­e. „Ich habe Glück gehabt“, sagt er, schiebt aber hinterher: „Es war das Glück des Tüchtigen.“

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Maske (r.) im Kampf gegen Charles Williams 1993 in Düsseldorf.

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