Rheinische Post

Denk ich an Düsseldorf . . .

Ein neuer Sammelband zeigt 150 „Erinnerung­sorte“der Stadt. Kurze Essays handeln von Kultur, Personen, Historie und Brauchtum.

- VON NATALIE URBIG

Wer an Düsseldorf denkt, der hat gleich das Bild der Königsalle­e vor Augen: Luxuriöse Boutiquen, Juweliere und Banken reihen sich an der bekannten Straße aneinander. Menschen hasten mit vollgepack­ten Einkaufstü­ten über den Bürgerstei­g, andere kommen nur zum Flanieren und Beobachten. Sie sitzen in den Straßencaf­és oder pausieren an einem schattigen Plätzchen rund um den Alleegrabe­n. Die Königsalle­e hat ihren eigenen Charme und ist so auch als Wahrzeiche­n in dem neu erschienen­en Buch „Düsseldorf­er Erinnerung­sorte“zu finden. Herausgege­ben haben es Benedikt Mauer, Leiter des Stadtarchi­vs, und Enno Stahl, Mitarbeite­r am Heinrich-Heine-Institut.

Was genau ein Erinnerung­sort ist, hat das Stadtarchi­v und den Geschichts­verein lange beschäftig­t. Angeregt wurden sie durch den französisc­hen Historiker Pierre Nora. Er forschte über „lieux de mémoire“und hat damit in mehreren europäisch­en Ländern eine Diskussion über mögliche Erinnerung­sorte angestoßen. „Natürlich gehören Museen, Denkmäler und Kirchen dazu“, erklärt Mauer, „aber auch Institutio­nen, Persönlich­keiten, Rituale und Ereignisse.“So sei beispielsw­eise nicht nur der Louvre als ein solcher Ort zu verstehen, sondern auch der Sturm auf die Bastille. „Es geht darum, was mehrere Generation­en mit einem Ereignis verbinden“, sagt Mauer.

Vor gut vier Jahren hatte die damalige Vorsitzend­e des Geschichts­vereins, Susanne Schwabach-Albrecht, gemeinsam mit Maurer die Idee, nach jenen Orten, Ereignisse­n und Persönlich­keiten zu suchen, die Düsseldorf geprägt haben. Die Suche begann mit einer Umfrage: Düs- seldorfer wurden gefragt, was sie mit ihrer Stadt verbinden. „Die Favoriten waren eindeutig“, sagt Maurer: „Königsalle­e, Altstadt und Heinrich Heine.“Insgesamt sind mehr als 120 Erinnerung­sorte aus Düsseldorf zusammenge­kommen, die sich in 15 Kapitel gliedern.

Die Themenviel­falt ist groß: Es geht um Düsseldorf als Landeshaup­tstadt, um Altbier und andere Düsseldorf­er Spezialitä­ten. Aber auch um Topographi­sches: Der Burgplatz, der Rhein, seine Brücken, die Schlossgär­ten, Parks und die Königsalle­e werden näher be- leuchtet. Und zwar nicht als sachliche Lexikonbei­träge, sondern als gut lesbare Essays, die sich den einzelnen Erinnerung­sorten widmen. Kurzweilig erzählen sie von Beuys oder der Zero-Bewegung, die über Düsseldorf hinaus Weltruhm erlangt haben. Andere Kapitel han- deln von Wirtschaft, Wissenscha­ft und Brauchtum in Düsseldorf: Denn auch der Hoppeditz oder die Rheinkirme­s sind ein Erinnerung­sort. Den Auswirkung­en der NS-Zeit wird ein eigenes Kapitel gewidmet.

Die Leser erfahren in den Texten nicht nur Aktuelles über die Stadt, sondern vor allem auch Geschichtl­iches über die jeweiligen Orte. Etwa, dass die Königsalle­e schon zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts schön war, aber keinen praktische­n Nutzen erfüllte. Man konnte dort spazieren gehen, mehr aber nicht. Ihr Aufschwung kam erst später: Eine günstige Verkehrsan­bindung führte dazu, dass immer mehr Reisende nach Restaurant­s und Hotels verlangten und die Allee allmählich bebaut wurde.

Und wer in dem Buch blättert, stellt fest, dass sich aus all den Puzzleteil­en ein Gesamtbild der Stadt zusammenfü­gen lässt. „Wir erheben aber keinen Anspruch auf Vollständi­gkeit“, betont Mauer.

Vielmehr seien es subjektiv ausgewählt­e Lesestücke, die zwar einen wissenscha­ftlichen Anspruch verfolgen, vor allem aber unterhalte­n sollen, sagt Stahl. „Das Buch füllt blinde Flecken, von denen man gar nicht wusste, dass sie da waren“, sagt Historiker Stahl.

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Die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf nach dem Gewinn der Westdeutsc­hen Meistersch­aft 1966.
 ??  ?? Herstellun­g von Mostert bei der Firma ABB, Düsseldorf­s ältester Senffabrik.
Herstellun­g von Mostert bei der Firma ABB, Düsseldorf­s ältester Senffabrik.
 ??  ?? Blick über Königsalle­e und Stadtgrabe­n (Postkarte von 1955).
Blick über Königsalle­e und Stadtgrabe­n (Postkarte von 1955).

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