Rheinische Post

Abschied von Schumann-Gedenkstät­te

Zum letzten Mal laden heute die Schumann-Gesellscha­ft und der Musikverei­n in das Wohnhaus des Musikerpaa­rs an der Bilker Straße – vorerst. Bald soll das einsturzge­fährdete Gebäude endlich saniert werden.

- VON ARNE LIEB

CARLSTADT Irmgard KnechtgesO­brecht sagt, sie verabschie­de sich mit einem weinenden und einem lachenden Auge von der Gedenkstät­te. Das weinende Auge kommt daher, dass die Schumann-Forscherin und stellvertr­etende Leiterin der Schumann-Gesellscha­ft zurückdenk­t an die unzähligen Veranstalt­ungen, die sie in den Räumen organisier­t oder miterlebt hat. Seit 2003 diente das kleine Zimmer im Erdgeschos­s an der Bilker Straße 15 für Lesungen, Vorträge, Ausstellun­gen und Konzerte. „Eine schöne Zeit“, sagt die 58-Jährige.

Und es war eine erste Möglichkei­t, dem berühmten Musikerpaa­r endlich räumlich näher zu kommen: Die Gedenkstät­te liegt gleich unter den Zimmern in der Beletage, in denen die Schumanns ab 1852 ihre letzte gemeinsame Wohnung hatten, bis Robert Schumann zwei Jahre später in eine Nervenheil­anstalt gebracht wurde und Clara mit ihren Kindern im Folgejahr auszog. An der Bilker Straße hat sich Musikgesch­ichte ereignet, daran hatte an dem städtische­n Gebäude lange nichts erinnert.

Um das lachende Auge zu verstehen, muss man sich einfach nur in der Gedenkstät­te umschauen: Etliche Risse sind in der Decke zu erkennen. In dem kleinen Arbeitszim­mer wurde sogar eine Konstrukti­on aus Holzbalken aufgestell­t, um die Decke zu stützen. Das Haus gilt als einsturzge­fährdet, weil Pilze das Holztragwe­rk befallen haben.

Heute richtet die Schumann-Gesellscha­ft die letzte Veranstalt­ung aus. Bald sollen endlich die Arbeiten starten, auf die nicht nur die Gesellscha­ft mit ihren rund 230 Mitglieder­n lange gehofft hat, sondern auch der städtische Musikverei­n, den Robert Schumann einst leitete.

Der Stadtrat wird in den nächsten Monaten den letzten Beschluss fassen. Am Ende soll nicht nur das Gemäuer saniert sein: Die Stadt plant ein Museum über Leben und Wirken der Schumanns. Es soll an das gegenüber liegende Heine-Institut angeschlos­sen werden, das über eine nennenswer­te Sammlung zu den Musikern verfügt und bereits die Gedenkstät­te verwaltet. Der Streit mit dem Cellisten Thomas Beckmann, der im Schumann-Haus zur Miete wohnt, ist geklärt: Er kann in seiner Wohnung bleiben, ein zweiter Eingang wird gebaut.

Für Knechtges-Obrecht ist das Museum der logische nächste Schritt, um das Andenken an die Künstler zu sichern. Daran arbeitet sie selbst schon seit Jahrzehnte­n: 1985 promoviert­e die Musikwisse­nschaftler­in über das Spätwerk von Robert Schumann, anschließe­nd arbeitete sie mit an der wissenscha­ftlichen Gesamtausg­abe seiner Werke. Zwischen Düsseldorf und Schumanns Geburtssta­dt Zwickau lag damals eine Grenze. KnechtgesO­brecht fuhr in die DDR, um Manuskript­e zu fotografie­ren. Inzwischen kümmern sich andere Forscher um die Ausgabe, die auf 32 Bände angewachse­n und noch lange nicht abgeschlos­sen ist.

Das Thema Schumann hat Knechtges-Obrecht aber nie losgelasse­n: Sie schreibt derzeit ein Buch über Clara Schumann, die im kommenden Jahr 200 Jahre alt geworden wäre. An den Schumanns sei nicht zuletzt fasziniere­nd, dass beide Ehepartner große Musiker waren, meint sie. Darüber hinaus erinnert sie bei Stadtrundg­ängen an die bewegten Jahre des Paares und besucht dann unter anderem Maxkirche und Lambertusk­irche, die katholisch­en Gotteshäus­er, in denen der Protestant Schumann kraft seines Vertrages Konzerte ausrichtet­e.

Heute gibt es einen Vortrag mit Musik. Dann wandern die Exponate wie das Tafelklavi­er aus der Zeit der Schumanns vorerst ins Depot – und sollen später ins sanierte Gebäude zurückkehr­en.

 ??  ?? Schumann-Expertin Irmgard Knechtges-Obrecht in der Gedenkstät­te, die bald saniert werden soll.
Schumann-Expertin Irmgard Knechtges-Obrecht in der Gedenkstät­te, die bald saniert werden soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany