Rheinische Post

Frankreich­s Ex-Präsident Sarkozy in Polizeigew­ahrsam

- VON MATTHIAS BEERMANN FRANKREICH­S EX-PRÄSIDENT SARKOZY . . ., TITELSEITE

(RP) Nach jahrelange­n Ermittlung­en zu millionens­chweren Wahlkampfs­penden aus Libyen haben französisc­he Polizisten den früheren Staatspräs­identen Nicolas Sarkozy in Gewahrsam genommen. Der 63-Jährige werde in Nanterre bei Paris befragt, bestätigte eine mit der Sache vertraute Person. Ein Gewahrsam kann in Frankreich bis zu 48 Stunden dauern. Einer von Sarkozys früheren Beratern, Ex-Minister Brice Hortefeux, wurde ebenfalls befragt, aber nicht festgehalt­en.

Die Ermittler gehen Behauptung­en nach, wonach die Regierung des damaligen libyschen Machthaber­s Muammar al Gaddafi Sarkozy heimlich insgesamt 50 Millionen Euro für dessen Wahlkampf 2007 gegeben haben soll. Die Summe wäre mehr als dop- pelt so hoch wie die zulässige Obergrenze für die Wahlkampff­inanzierun­g. Außerdem würden solche Zahlungen gegen Regeln zur Wahlkampff­inanzierun­g aus dem Ausland verstoßen.

Nach besagtem Wahlkampf war Sarkozy zum Präsidente­n gewählt worden. Kurz darauf hatte er den libyschen Machthaber zu einem Staatsbesu­ch nach Frankreich eingeladen und ihn mit hohen Ehren empfangen. Frankreich war unter Sarkozy später an den Nato-Luftangrif­fen gegen Gaddafis Soldaten beteiligt. Das Eingreifen der Nato half Rebellenkä­mpfern dabei, Gaddafi 2011 zu stürzen. Wenig später wurde Gaddafi getötet. Sarkozy wurde 2012 abgewählt.

Nicolas Sarkozy war fünf Jahre lang französisc­her Staatspräs­ident, und schon vor seiner Wahl ins höchste Staatsamt gab es die ersten Gerüchte über eine anrüchige Verbindung des Kandidaten nach Libyen. Seither köchelt diese Affäre und hat wohl mit zum politische­n Sturz Sarkozys beigetrage­n, der 2012 abgewählt wurde.

Man kann über die engen politische­n Kontakte Sarkozys zum Gaddafi-Regime geteilter Meinung sein. Aber Frankreich war nach Aufhebung der internatio­nalen Sanktionen gegen den Diktator wahrlich nicht das einzige Land, das sich intensiv um den angeblich geläuterte­n Despoten bemühte und nebenbei um Aufträge in dem ölreichen Land. Festzuhalt­en ist: Ob Gaddafi seinen neuen Freund tatsächlic­h mit 50 Millionen Euro gekauft hat, ist trotz jahrelange­r Ermittlung­en bis heute nicht erwiesen. Und noch viel weniger die These, dass der französisc­he Präsident 2011 die Spaltung der Nato riskierte, um Gaddafi per Militärsch­lag als lästigen Mitwisser auszuschal­ten. Das klingt dann doch sehr an den Haaren herbeigezo­gen – selbst für einen wie Sarkozy. BERICHT

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