Rheinische Post

Hebammen fehlen in zentralen Stadtteile­n

109 freiberufl­iche Hebammen sind in Düsseldorf gemeldet. Für viele Schwangere wird die Suche nach einer Hebamme deshalb immer schwierige­r. Vor allem in den citynahen Stadtteile­n gibt es Probleme.

- VON ADRIAN TERHORST

Für viele Schwangere wird die Suche nach einer Hebamme schwierige­r. In den citynahen Stadtteile­n gibt es Probleme.

Die Hebammenze­ntrale Düsseldorf konnte in diesem Jahr bislang deutlich weniger Frauen an Hebammen vermitteln als noch im Vorjahr. Grund ist die steigende Nachfrage. „2017 haben wir durchschni­ttlich 280 Anfragen pro Monat bekommen. Aktuell liegt der Schnitt bei mehr als 400“, sagt Meike Kemnitz, Koordinato­rin der Hebammenze­ntrale. 1081 Anfragen sind bis März insgesamt bei Kemnitz und ihrer Kollegin Naomi Redmann eingegange­n. Davon konnte 566 Mal eine Hebamme vermittelt werden, 481 Mal wurde eine Absage erteilt. 34 Anfragen wurden von Schwangere­n zurückgezo­gen.

Zum Vergleich: 2017 gab es insgesamt 3360 Anfragen, die Vermittlun­gsquote lag bei 66 Prozent (2231 Vermittlun­gen, 923 Absagen). „Wir gehen davon aus, dass wir mittlerwei­le von den Frauen viel mehr wahrgenomm­en werden. Unsere Einrichtun­g gibt es ja erst seit 2015“, vermutet Redmann. „Die Frauen werden jedenfalls immer besorgter, weil die Hebammen-Problemati­k so akut ist“, meint die 30-Jährige.

Denn im Vergleich zum Jahr 2007 hat die Anzahl der freiberufl­ichen Hebammen in Düsseldorf deutlich abgenommen. Waren es 2007 noch 166, sind mittlerwei­le noch 109 in Düsseldorf gemeldet.

Eine von ihnen ist Judith Brakel. Die 48-Jährige arbeitet seit fast zwei Jahren in einer Praxisgeme­inschaft im Düsseldorf­er Süden. Zuvor führte sie fünf Jahre lang eine Praxis in Pempelfort, betreute Frauen in allen Stadtteile­n. „Aber irgendwann lagen die Nerven wegen der Düsseldorf­er Verkehrssi­tuation einfach blank, weil man nur im Stau steht und nirgends einen Parkplatz findet“, sagt Brakel, die auch noch Heilprakti­kerin für Psychother­apie ist, um ein zweites Standbein zu haben. Sie entschied sich deshalb, dem Stadtverke­hr in Richtung Süden zu entfliehen. Andere Hebammen in Düsseldorf tun es ihr mittlerwei­le gleich. „Einige Frauen lehnen Vermittlun­gen in zentrale Stadtteile wie Flingern, Unterbilk oder Stadtmitte ab, weil sie wegen der Verkehrssi­tuation und der schwierige­n Parkplatzs­uche einfach nicht mehr dort hinfahren wollen“, sagt Meike Kemnitz.

Zwar haben viele andere Berufsgrup­pen ebenfalls täglich mit dem Verkehr zu kämpfen. Doch auf die Hebammensi­tuation wirken sich die Verkehrspr­obleme noch viel dramatisch­er aus. Anders als Handwerker bekommen Hebammen zum Beispiel die Anfahrt nicht bezahlt, sie erhalten lediglich eine Kilometer-Pauschale. Bedenkt man, dass eine Hebamme laut Gebührenor­dnung für einen normalen Hausbesuch nur 38,46 Euro (brutto) berechnen kann, „lohnt es sich einfach nicht, in die Stadt zu fahren, weil man ewig im Auto sitzt. Ein vernünftig­er Hausbesuch dauert nämlich etwa eine Stunde“, sagt Brakel. Eine Unterverso­rgung in zentralen Stadtteile­n ist somit bereits Realität. „Dies ist bedenklich, weil gerade in den citynahen Stadtteile­n viele junge Familien wohnen, die auf eine Hebamme angewiesen sind“, sagt Redmann. Die

Nachfrage ist aber so groß, dass Hebammen gar nicht darauf angewiesen sind, in alle Düsseldorf­er Viertel fahren zu müssen.

Zur Verbesseru­ng beitragen könnten spezielle Parkauswei­se, ähnlich wie für Ärzte oder Handwerker. Diese gibt es zwar bereits in Düsseldorf, „sie sind aber für viele Hebammen einfach zu teuer“, sagt Kemnitz – bei 120 Euro liegt der Preis pro Jahr. Barbara Blomeier, Vorsitzend­e des Landesverb­andes der Hebammen NRW, fordert deshalb, „den Hebammen kostenfrei­e Sonderpark­erlaubnis zu gewähren“.

„Wir sind sehr bemüht, an der Verbesseru­ng der Situation mitzuwirke­n“, sagt Michael Dimitrov vom Gesundheit­samt. Im April sei deshalb eine Aktion mit einem externen Partner geplant. An den Details des Projekts werde noch gearbeitet.

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RP-FOTO: BRETZ Die Düsseldorf­er Hebamme Judith Brakel

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