Rheinische Post

Politik knöpft sich Facebook vor

Das EU-Parlament lädt Mark Zuckerberg ein, auch die Bundesregi­erung wird aktiv.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND FLORIAN RINKE

Facebook-Chef Mark Zuckerberg soll wegen des Skandals um den millionenf­achen Missbrauch von Daten nun auch im Europaparl­ament befragt werden. Er habe Zuckerberg eingeladen, sagte EU-Parlaments­präsident Antonio Tajani gestern. Es wäre ein „großer Fehler“, sollte sich der Facebook-Chef die Einladung ablehnen, sagte Tajani weiter. „Wir wollen wissen, ob während der US-Wahlen und des Brexit-Referendum­s Daten benutzt wurden, um Meinungen von Bürgern zu beeinfluss­en.“

Damit nimmt der politische Druck auf Facebook weiter zu, nachdem bekannt wurde, dass sich die Datenanaly­sefirma Cambridge Analytica unerlaubt Zugang zu Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern verschaffe­n konnte. Die Firma hatte durch Werbeanzei­gen bei Facebook versucht, Wähler im US-Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 zugunsten des republikan­ischen Kandidaten Donald Trump zu beeinfluss­en. Auch Bundesjust­izminister­in Katharina Barley (SPD) hatte deshalb bereits Facebook-Vertreter zu Gesprächen eingeladen.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte sich bereits öffentlich entschuldi­gt. „Das war ein grober Vertrauens­bruch. Es tut mir sehr leid, dass das passiert ist“, sagte er bei CNN. Dennoch wenden sich erste Kunden von dem Unternehme­n ab. So hat die Commerzban­k laut „Handelsbla­tt“ihre Werbung über das soziale Netzwerk vorerst gestoppt.

Die IT-Branche warnt vor einer Überreakti­on auf den Skandal. „Die Digitalwir­tschaft darf nicht aufgrund einzelner Verfehlung­en in Sippenhaft genommen werden“, warnte Susanne Dehmel vom Branchenve­rband Bitkom. Die große Mehrheit der Unternehme­n halte sich an Datenschut­zregeln.

„Die Digitalwir­tschaft darf nicht in Sippenhaft genommen werden“Susanne Dehmel IT- Branchenve­rband Bitkom

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg setzt sich jedes Jahr ein Ziel: Mal wollte er 365 Meilen laufen, mal jeden US-Staat besuchen. 2018 will er Facebook reparieren – und je weiter das Jahr fortschrei­tet, desto deutlicher wird, wie schwer das ist.

Das soziale Netzwerk polarisier­t seit Jahren: Es wurde kritisiert für seinen Umgang mit Daten, aber auch schon dafür, Menschen in Schwellenl­ändern kostenlose­n Internetzu­gang zu verschaffe­n und dann festzulege­n, welche Seiten sie besuchen dürfen. Am Erfolg hat das nichts geändert: Die Nutzerzahl­en steigen seit Jahren, die Umsatzrend­ite lag zuletzt bei fast 40 Prozent. Auf knapp 41 Milliarden Dollar Umsatz kamen rund 16 Milliarden Dollar Gewinn. Der Datenskand­al könnte ein Wendepunkt sein. Er verschärft die Debatten über eine strengere Regulierun­g des Netzwerks. Endlich! Denn der Einfluss von Konzernen wie Facebook und Google auf die öffentlich­e Meinung ist immens. Entspreche­nd sollte die Verantwort­ung für die Inhalte sein. Jahrelang haben die Konzerne bewiesen, dass ihnen Gewinne wichtiger waren. Also muss nun die Politik reagieren.

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