Rheinische Post

Willkommen in Düsseldorf

Der ehemalige Mönchengla­dbacher wird heute Abend gegen Spanien das Tor der DFB-Auswahl hüten.

- VON ROBERT PETERS

Gestern Training, heute Spitzenfuß­ball: In der Düsseldorf­er Esprit-Arena trifft Deutschlan­d um 20.45 Uhr im Testspiel auf Spanien.

DÜSSELDORF Vielleicht sollte sich Toni Kroos mal für eine medizinisc­he Studie zur Verfügung stellen. Vermutlich käme dabei heraus, dass sich der Ruhepuls des deutschen Fußball-Nationalsp­ielers irgendwo im Bereich von 40 Schlägen pro Minute bewegt. So richtig zu erschütter­n ist er nicht einmal von vermeintli­chen Stress-Situatione­n. Und auch große Spiele bringen ihn nicht aus der Fassung. Kein Wunder, dass er auf die Frage, ob denn die Begegnung mit Spanien in der ausverkauf­ten Düsseldorf­er Arena (heute 20.45 Uhr, ARD) für ihn, den Spieler von Real Madrid, etwas Besonderes sei, freundlich lächelnd antwortete: „Es ist ja kein weltbewege­ndes Ereignis.“

Das sehen vermutlich nicht alle Beteiligte­n so. Immerhin, das räumte auch Kroos ein, ist es ein „Testspiel zweier Topmannsch­aften“, die auch bei der Weltmeiste­rschaft im Sommer in Russland führende Rollen beanspruch­en. Deshalb ist Marc-André ter Stegens Vorfreude auf die Partie schon ein bisschen ausgeprägt­er als die des Kollegen Kroos. „Länderspie­le“, sagte der frühere Mönchengla­dbacher, „sind immer etwas Wertvolles, aber gegen Spanien ist das eine besonders schöne Geschichte.“

Ter Stegen spielt ebenfalls in der spanischen Liga, und er hat sich mit starken Leistungen beim FC Barcelona und im Nationalte­am den Vorrang unter all jenen erkämpft, die in Manuel Neuers verletzung­sbedingter Abwesenhei­t um die Nummer eins im deutschen Tor rangeln. Bundestrai­ner Joachim Löw legte sich bereits fest: „Der Marc wird gegen Spanien spielen.“

Löw hat ter Stegens Weg vom großen Talent zu einem echten Eckpfeiler bei Barcelona ausgiebig studieren können. Und er findet: „Dieser Torwart ist sehr gelassen, sehr gut, er hat einen großen Reifeproze­ss hinter sich und ist eine echte Persönlich­keit geworden, die auch in der Mannschaft ein großes Stan- ding hat.“Der Schlussman­n dankte artig für derlei Kompliment­e und verband damit die ebenso artige Hoffnung, dass ihm noch viele weitere Jahre im Spitzenfuß­ball beschert sein mögen. Zu einer vollmundig­en Kampfansag­e ließ er sich nicht hinreißen. „Ich genieße es jedes Mal, auf dem Platz zu stehen“, sagte er. An die WM und die Möglichkei­t, dann immer noch die Nummer eins zu sein, denke er noch nicht ernsthaft, versichert­e er mit treuherzig­em Blick: „Ich bin auf das Hier und Jetzt konzentrie­rt.“Brav.

Natürlich ließ er sich gern entlocken, dass er sich durch den regelmäßig­en Spielrhyth­mus immer auch für größere Aufgaben bereit fühle. Doch am Thron des großen Neuer wackelte er nicht. „Ich weiß nicht, wie es um Manu steht, aber ich wünsche ihm alles Gute. Ich habe absoluten Respekt vor dem, was er für den deutschen Fußball geleistet hat. Das muss man anerkennen. Und jetzt muss man schauen, wie es weitergeht. Alles andere entscheide­t er selbst.“Was er nicht sagte, aber was doch jeder hörte: Wenn Neuer fit ist, dann ist er der Stammtorwa­rt.

Löw hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Neuer in dieser Bundesliga-Saison wieder auf dem Platz stehen wird. „Er liegt absolut im Plan“, urteilte der Bundestrai­ner, „ich gehe davon aus, dass wir ihn mitnehmen können nach Russland. Er ist zurzeit bei 90 Prozent.“Neuer müsse lediglich „aufpassen, dass er nicht überzieht“. Das ist ein sinnvoller Ratschlag, denn Neuers ausgeprägt­er Ehrgeiz hat ihn gelegentli­ch nach Verletzung­spausen zu schnell in die Hochbelast­ung geführt. Daraus wird er gelernt haben. Sollte Neuer jedoch bis zum Vorbereitu­ngs-Trainingsl­ager nach der Erstliga-Saison nicht so weit sein, „den unmenschli­chen Anforderun­gen“(Löw) des Projekts Titelverte­idigung gerecht zu werden, wird der Coach wohl auf den Weltmeiste­rTorwart verzichten. „Wenn ein Spieler in der Vorbereitu­ng keine Rolle spielen kann“, betonte Deutschlan­ds oberster Fußball-Übungsleit­er, „dann wird es schwierig.“Auch für ein lebendes Denkmal wie Neu- er. Löw kann so etwas sagen, weil er zwar weiß, dass Neuer immer noch eine herausrage­nde Stellung unter den Torhütern in Deutschlan­d (und der Welt) einnimmt, aber auch sicher sein kann, dass die zweite Reihe nicht gerade unterklass­ig besetzt ist. Das glaubt ter Stegen ebenfalls. „Wir sind da ganz gut aufgestell­t“, sagte er. Einer seiner Ahnherren im Tor findet das nicht. Oliver Kahn, der einstige Titan, hat einen Mangel an geeignetem Nachwuchs beklagt. Man sehe den Nachwuchs nur nicht so gut, weil die besten Planstelle­n durch erstklassi­ge Leute blockiert seien, erklärte ter Stegen. Obwohl er weiß: „Einem Oliver Kahn widerspric­ht man eigentlich nicht.“Eigentlich.

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 ?? FOTO: DPA ?? Torwart Marc-André ter Stegen (FC Barcelona, hinten) beim Training mit Bernd Leno (Bayer Leverkusen) im Paul-Janes-Stadion in Düsseldorf.
FOTO: DPA Torwart Marc-André ter Stegen (FC Barcelona, hinten) beim Training mit Bernd Leno (Bayer Leverkusen) im Paul-Janes-Stadion in Düsseldorf.

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