EIN WORT Den Besuch in der Kirche wagen
Wissen Sie, ich gehöre nicht zu den Menschen, die jeden Sonntag in die Kirche rennen – oft schon ist mir dieser Satz in Gesprächen begegnet. Er löst immer ein Schmunzeln bei mir aus.
Ich stelle mir vor, wie am Sonntagmorgen die Stadt voll ist von Menschen, die wortwörtlich in die Kirche rennen. Ich sehe sie auf der Bolkerstraße rennen, ich sehe sie die Nordstraße entlangflitzen oder mit wehendem Sonntagsoutfit durch den Zoopark sausen. Von überallher rennen sie in die Kirchen. Und sie überholen dabei die Jogger, die ja auch gerne in diesen Wochen sonntagmorgens unterwegs sind, und die Fastenzeit dafür nutzen, sich wieder in Form zu bringen. Natürlich weiß ich, dass sich meine Gesprächspartner mit diesem Satz von einer eifernden Frömmigkeit abgrenzen wollen. Aber in den seltensten Fällen sehe ich Menschen aus diesem Eifer in die Kirche „rennen“. Und auch mein inneres Schmunzeln über rennende Kirchgänger hat keinen Anhalt an der Realität. Außer bei diesem kleinen Mädchen, das unbedingt mit seiner Oma in die Kirche wollte. Es war Sonntagmorgen. Die Zeit war schon vorangeschritten. Der nächste Gottesdienst fand fast drei Kilometer entfernt statt. Kein Auto stand zur Verfügung, die Busse fuhren nicht zur passenden Zeit. Also mussten die beiden laufen. Oma und Enkelin machten sich auf den Weg. Sie gingen, so schnell sie konnten. „Es kann sein, dass wir erst zum Segen am Schluss ankommen.“„Macht nichts“, sagte das Mädchen, zu allem bereit. Die letzten Meter sind sie dann gerannt. Und tatsächlich, als sie ankamen, wurde gerade der Segen gesprochen.
Das Mädchen strahlte: „Oma, wir haben es geschafft.“Das Rennen hatte sich gelohnt. Natürlich muss keiner in die Kirche rennen. Aber sich mal wieder aufzumachen, das wäre einen Versuch wert. Vielleicht auch nur, um sich am Ende des Gottesdienstes segnen zu lassen von dem, der unser Leben trägt und erhält. Die kommende Karwoche und die Ostertage werden dazu viele Gelegenheiten geben. Es lohnt sich. Versprochen.