Rheinische Post

Wer seinen Platz im WM-Kader schon sicher hat und wer noch zittern muss.

Das grobe Gerüst steht: Bundestrai­ner Joachim Löw hat fast alle Kandidaten für die Weltmeiste­rschaft im Kopf. Den Mann aus dem Nichts, so wie David Odonkor bei der Weltmeiste­rschaft 2006, wird es diesmal aber kaum geben.

- VON THOMAS NOWAG

BERLIN (sid) Oliver Bierhoff plauderte entspannt über die integrativ­e Kraft des Fußballs, doch ganz nebenbei schlug er in der Berliner Akademie der Künste die Türe für mehrere Weltmeiste­r zu. „26 Spieler sind jetzt nominiert, da kommen noch drei, vier Spieler dazu“, sagte der Nationalma­nnschaftsd­irektor bei der Verleihung des DFB-Integratio­nspreises: „Daraus wird sich der WM-Kader ergeben.“

Die Zuhörer stutzten. 30, gar 29 Kandidaten nur? Das wirkt recht eng gefasst. Fehlten im Aufgebot gegen Spanien und Brasilien nicht Kapitän Manuel Neuer und Weltmeiste­r Mario Götze, Andre Schürrle, Benedikt Höwedes, Shkodran Mustafi? Allein mit diesen wären es 32 Spieler für 23 WM-Plätze. Für Mustafi und Höwedes könnte Bierhoffs Satz bereits das Aus bedeutet haben. Wenn überhaupt, so scheint es, hält Bundestrai­ner Joachim Löw nur noch den verdienten, derzeit aber verletzten oder formschwac­hen Spielern einen Kaderplatz frei.

Götze beispielsw­eise sei keineswegs abgeschrie­ben. Eine Überraschu­ng wie David Odonkor 2006 ist dagegen nahezu ausgeschlo­ssen. Linksverte­idiger Philipp Max vom FC Augsburg ist daher für Löw nicht mal ein Gedankensp­iel. „Wenn alle so fit sind wie derzeit, gab es selten einen geringeren Bruch im Kader“, sagte Bierhoff. Die Nationalma­nnschaft sei „besser aufgestell­t“als 2014 und 2016, eine „Geheimwaff­e“sehe er nicht: „Der Kreis ist mehr oder weniger bekannt.“Löw, der letztlich die Auswahl trifft, verfüge über einen „unglaublic­h breiten Kader von qualitativ starken Spielern. Das kann für den Trainer auch mal schwierig werden, das zu jonglieren.“

Daher, betonte der Bundestrai­ner, „beobachten wir jetzt ganz genau“. Wer überzeugt mit Leistung, wer kann nach einer kräftezehr­enden Saison nochmals vier Wochen auf höchstem Niveau spielen? „Wir erwarten, dass die Spieler auf diese WM komplett den Fokus lenken und sich präpariere­n.“Dies gelte mental wie auch körperlich. Ohnehin, gesteht Löw, laufe der sportliche­n Führung „etwas die Zeit davon“. In den Wochen bis zur vorläufige­n Nominierun­g am 15. Mai im Dortmunder Fußballmus­eum kann er sich noch sieben Bundesliga-Spieltage und ein bisschen Europapoka­l ansehen – es sind Tage der Entscheidu­ng.

Sein Eindruck sollte bestenfall­s aber bereits nach dem Testspiel gegen Brasilien stehen. „Ich brauche 23 Spieler, die Leistung abrufen, teamfähig sind“, die zudem den „Spirit“leben, der die Mannschaft 2014 zum WM-Titel getragen hat, sagte Löw. Dazu gehöre auch, „zu akzeptiere­n, mal auf der Bank zu sitzen“. Im Idealfall werde jede Position doppelt besetzt. Marvin Plattenhar­dt mag nicht zu den besten 23 deutschen Fußballern zählen, er ist hinten links aber erster Ersatz für Jonas Hector und hat damit gute Karten. Zwei von drei Plätzen im Tor und 14 von 20 im Feld scheinen fest vergeben. Die Kategorie „unangreifb­ar“umfasst: Boateng und Hummels in der Innenverte­idigung, außerdem Hector als einzigen Linksverte­idiger gehobenere­r Klasse. Dazu kommen Kimmich, Draxler, Khedira, Kroos und Müller, ebenso wie Özil, Sané und Werner. „Der Konkurrenz­druck“, sagte Müller, „ist konstant vorhanden. Er ist aber ein Hilfsmitte­l, um die Leistung hochzuhalt­en.“Getreu dem neuen WMMotto: Die Besten ruhen niemals.

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