Rheinische Post

Den Spuren von Joseph Beuys

Ein soeben erschienen­er Stadtführe­r beleuchtet die Orte, an denen der Aktionskün­stler gewirkt, ausgestell­t und gelebt hat – in Düsseldorf und am Niederrhei­n.

- VON UTE RASCH

Es ist ja nicht so, als gäbe es nicht reichlich Bücher über Joseph Beuys. An die 3000 Titel im In- und Ausland sollen es angeblich sein. Aber ein Aspekt wurde bisher offenbar nicht ausreichen­d beleuchtet: Die Orte, an denen der „Mann mit Hut“gewirkt, ausgestell­t, gelebt und gestritten hat. Diese Lücke hat nun Dietmar Schönhoff geschlosse­n mit seinem Buch „Mit Beuys durch Düsseldorf“– Spurensuch­e und Stadtführe­r der besonderen Art.

Begegnet sind sie sich nie, der Künstler und der Autor. Jedenfalls nicht direkt, nur über Umwege. Denn einst war Dietmar Schönhoff Polizeibea­mter und ein Kollege von Anatol Herzfeld, Verkehrspo­lizist und späterer Beuys-Schüler, dessen massiver Steinkopf des Meisters auf der Stadtgrenz­e zu Meerbusch Spaziergän­ger beeindruck­t. Im Austausch mit Anatol wuchsen bei Schönhoff seit den 1970er Jahren zunächst Interesse, dann Faszinatio­n an Beuys und seinem Werk. Und später reifte die Erkenntnis: „Er wird in Düsseldorf zu wenig gewürdigt.“

Deshalb führt er nach jahrelange­r Recherche mit seinem Buch an die Orte des Geschehens in der Stadt und entlang des Niederrhei­ns und erzählt ganz nebenbei amüsante Geschichte­n über Beuys: Jeden Tag trank der Aktionskün­stler mit seinen Studenten im „Ohme Jupp“ander Ratinger Straße Kaffee, bis sich Gäste beschwerte­n, dass er in der Kneipe nie seinen Hut abnahm. Da zog Beuys mit Gefolge kurzerhand gegenüber „Zur Uel“.

Der erste Spaziergan­g auf den Lebensspur­en von Beuys startet an der Haroldstra­ße, am Ministeriu­m für Kinder, Familie, Flüchtling­e und Integratio­n, dort pflanzte Beuys am 23. November 1983 eine Eiche und ergänzte den Baum durch eine Basaltstel­e, Teil seiner Aktion „7000 Eichen – Stadtverwa­ldung statt Stadtverwa­ltung.“

In seinem Buch zitiert Schönhoff den Künstler: „Also ist 7000 Eichen eine Plastik, die sich auf das Leben der Menschen bezieht, auf ihre alltäglich­e Arbeit. Das ist mein Kunstbegri­ff, den ich den Erweiterte­n Kunstbegri­ff oder die Soziale Plastik nenne.“Mit Aktionen dieser Art spaltete Beuys das Publikum. Immerhin wird bei der Spurensuch­e klar: Es war eine Zeit, in der vehement über Kunst diskutiert wurde. Und in der Provokatio­n zum Lebensstil des Künstlers gehörte. „Nicht um der Provokatio­n willen, sondern, um die Menschen dazu zu bringen, anders zu denken“, so der Autor.

Dietmar Schönhoff streift in seinem Buch all die Ausstellun­gs- und Aktionsort­e wie das „Spoerri“am Burgplatz, Restaurant mit angeschlos­sener „Eat Art Gallery“, wo Beuys im Oktober 1970 sein „Freitagsob­jekt 1A gebratene Fischgräte (Hering)“inszeniert­e. „Er hängte die Gräten, die er skelettier­t und gebraten von Zuhause mitgebrach­t hatte, mit Bindfäden an die Bilderleis­ten der Galerie, beschmiert­e sein Gesicht mit Asche und begann Zertifikat­e für den Verkauf der Fischgräte­n herzustell­en“, berichtet der Autor. Ohne Mühe lässt sich heute noch abschmecke­n, wie darauf wohl das Düsseldorf­er Bürgertum reagiert haben mag.

Autor Schönhoff geht bei seinem Rundgang natürlich auch an der Rheinuferp­romenade vorbei, die zum Teil nach Beuys benannt wurde (wie auch eine Düsseldorf­er Gesamtschu­le) – ein legendärer Ort, paddelte doch Anatol am 20. Oktober 1973 in einer spektakulä­ren Aktion seinen Meister im Einbaum über den Rhein, „holte ihn heim“, nachdem Johannes Rau, damaliger NRW- Minister für Wissenscha­ft und Forschung, Beuys gefeuert hatte, weil dieser Studenten in seiner Akademie-Klasse aufgenomme­n hatte, die abgewiesen worden waren.

Wurde die Oberkassel­er Brücke mit dem Buch in der Hand überquert, ist dann auch schon bald der Drakeplatz erreicht: Hier lebte Joseph Beuys mit seiner Familie und feierte 1981 im Hof des Hauses seinen 60. Geburtstag. Zeit für ein Resümee des Autors: „Er hat eine neue Art von Kunst in die Öffentlich­keit transporti­ert. Er hat Gegenständ­e zusammenge­führt, die nichts miteinande­r zu tun hatten und daraus neuartige Objekte geschaffen. Einfach genial!“ Das Buch „Mit Beuys durch Düsseldorf“ist vor wenigen Tagen im Droste-Verlag erschienen. Darin hat der Autor Dietmar Schönhoff alle wichtigen Stationen von dem „Mann mit Hut“detaillier­t und kenntnisre­ich beschriebe­n: 140 Seiten mit zahlreiche­n Abbildunge­n, 14,99 Euro. Der Autor bietet regelmäßig für Gruppen Stadtführu­ngen auf den Spuren von Joseph Beuys an. Die nächsten Termine jeweils samstags: am 31. März, 7. und 14. April, 12., 19., und 26. Mai. Treffpunkt am Familienmi­nisterium,Haroldstra­ße 4, nur nach Anmeldung bei: dietmar.schoenhoff@web.de

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Dietmar Schönhoff auf den Spuren des Künstlers Beuys.

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