Rheinische Post

Riad erkennt Israels Existenzre­cht an

Der saudische Kronprinz pocht zugleich auf Frieden mit den Palästinen­sern.

- VON SUSANNE KNAUL

RIAD/JERUSALEM Saudi-Arabien erwägt erstmals offiziell diplomatis­che Beziehunge­n mit Israel. Wie der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman während einer USReise erklärte, teile sein Land „viele gemeinsame Interessen mit Israel“. Voraussetz­ung sei allerdings ein Abkommen zwischen den Palästinen­sern und Israel, sagte der 32-Jährige dem US-Magazin „The Atlantic“. Beide Völker hätten das „Recht auf ihr eigenes Land“. Um Stabilität in der Region zu erreichen, sei ein Friedensab­kommen notwendig. Bislang lehnte Riad diplomatis­che Beziehunge­n zu Israel ab.

Die Regierunge­n in Jerusalem und Riad verfolgen zentral das ge- meinsame Ziel, einen Atomstaat Iran zu verhindern. Bin Salman verglich in dem Interview den iranischen Führer Ajatollah Ali Khamenei sogar mit Adolf Hitler. Während Hitler nur Europa erobern wollte, habe es Khamenei „auf die ganze Welt“abgesehen, sagte bin Salman. Israel und Saudi-Arabien fürchten den wachsenden Einfluss Teherans in der Region. Seit drei Jahren führt Saudi-Arabien im Jemen einen blutigen Stellvertr­eterkrieg gegen die vom Iran unterstütz­ten Huthi-Rebellen.

Das Auswärtige Amt in Berlin begrüßte die Äußerungen des Kronprinze­n. „Mit dem, was er sagt, ist der Kronprinz sehr nah an der Position Deutschlan­ds und der EU: Wir brauchen eine Zwei-Staaten-Lösung und ernsthafte Verhandlun­gen, um diese zu erreichen“, hieß es. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, Johann Wadephul, lobte die Initiative des Kronprinze­n als einen mutigen Schritt. „Es ist zu wünschen, dass Israelis und Palästinen­ser sie aufgreifen und einen neuen Anlauf für einen Nahost-Friedenspr­ozess unternehme­n.“

„Die Initiative des Kronprinze­n ist ein mutiger Schritt“Johann Wadephul Vize-Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat es eilig. Er will sein Land aus der Abhängigke­it vom Öl befreien und in den Kampf gegen den Rivalen Iran führen. Dazu braucht er starke Partner – vor allem die USA und Israel. Dass der künftige König als erster arabischer Spitzenpol­itiker öffentlich das Existenzre­cht des jüdischen Staates anerkennt, markiert eine Zeitenwend­e. Doch geht es nicht um Frieden, sondern um Macht und eine neue Blockbildu­ng in der Region. Ein Schönheits­fehler im Bild der neuen Welt des Nahen Ostens betrifft das Schicksal der Palästinen­ser: Nach Trumps Vorstellun­g sollen sie keinen eigenen Staat erhalten, sondern in einer Art israelisch­em Protektora­t leben. Der saudische Prinz scheint damit einverstan­den zu sein – das werden der Iran und die Türkei auszunutze­n versuchen. Am bedenklich­sten ist jedoch die Grundvorst­ellung vom epischen Machtkampf mit dem Iran. Verständni­s für die Sorgen der Iraner, die sich von Feinden umringt sehen, ist nicht zu erkennen. Bin Salman schickt sich an, den Nahen Osten aufzumisch­en – doch ob er Frieden bringt, steht auf einem ganz anderen Blatt. BERICHT

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