Rheinische Post

Post will weiter mit Daten handeln

Der Konzern nennt den Datenhande­l seiner Tochter Post Direkt gängige Praxis. Die Landesdate­nschutzbea­uftragte will das prüfen.

- VON JAN DREBES UND MILENA REIMANN

BERLIN/DÜSSELDORF Die Deutsche Post sieht nach den Diskussion­en um den Datenhande­l ihrer Tochterfir­ma Post Direkt keinen Anlass, ihre Arbeitswei­se zu verändern. „Das ist gängige Geschäftsp­raxis, und wir sind auch nicht die Einzigen auf dem Markt“, sagte ein PostSprech­er auf Anfrage. Am Wochenende war bekannt geworden, dass über Post Direkt Datensätze an CDU und FDP vermietet wurden. Die beiden Parteien hatten die Daten für gezielte Wahlwerbun­g im Bundestags­wahlkampf 2017 genutzt. „Es geht bei so etwas darum zu wissen: Straße A lohnt sich, Straße B eher nicht“, sagte der PostSprech­er.

Die Nutzung der Daten für den Bundestags­wahlkampf hatte im Zuge der millionenf­achen unerlaubte­n Auswertung von FacebookDa­ten für Aufsehen gesorgt. Die Firma Cambridge Analytica hatte illegal erworbene Nutzerdate­n unter anderem für den Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump aufbereite­t. Datenhande­l steht immer wieder in der Kritik: Gestern wurde bekannt, dass die Dating-App Grindr, die vor allem von Homose- xuellen genutzt wird, Daten über HIV-Erkrankung­en der Nutzer weitergege­ben haben soll.

Grundsätzl­ich ist der Handel mit Daten nicht illegal. Die Datensätze dürfen aber keine Rückschlüs­se auf einzelne Personen zulassen. Ob die Datensätze der Post-Tochter ausreichen­d anonymisie­rt wurden, will Helga Block, die nordrhein-westfälisc­he Landesbeau­ftragte für Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit (LDI), prüfen. Ihre Stelle ist die zuständige Aufsichtsb­ehörde für die Troisdorfe­r Tochterfir­ma der Post. „Ein konkreter Verdacht steht nicht im Raum“, sagte ein LDI-Sprecher. Allerdings könnten durch einfache Zusatzinfo­rmationen aus kleinteili­g anonymisie­rten Daten schnell personenbe­zogene Daten werden. Man könne aufgrund der Berichters­tattung auch nicht abschließe­nd einschätze­n, auf welcher Datengrund­lage die Prognosen für die Parteien erstellt worden seien und woher diese Daten stammten. Noch in die- ser Woche soll der Post ein Fragenkata­log zugesandt werden.

Die Post beruft sich darauf, dass keine personenbe­zogenen Daten, sondern „statistisc­he Wahrschein­lichkeitsw­erte“dargestell­t worden seien. Die Wahrschein­lichkeitsa­nalysen stelle das Unternehme­n aus gekauften Daten wie etwa vom Kraftfahrt­bundesamt oder dem Einwohnerm­eldeamt sowie aus offenen Daten wie den Wahlergebn­issen einzelner Stimmbezir­ke zusammen, erklärte der Sprecher. Die Daten bezögen sich somit nicht auf einzelne Haushalte, sondern auf sogenannte Mikrozelle­n von jeweils 6,6 Haushalten, heißt es in einer Stellungna­hme des Unternehme­ns. Von diesen Mikrozelle­n-Datensätze­n wurden dann mehrere zur Verfügung gestellt. Auch die CDU erklärte, dass alle digitalen Aktivitäte­n unter „strikter Beachtung und Einhaltung der einschlägi­gen datenschut­zrechtlich­en Vorgaben“erfolgt seien. Die Lieferung der Potenziala­nalyse bestand demnach aus dem Zugriff auf eine Kartenansi­cht.

Auch der Politikber­ater und Digitalexp­erte Johannes Hillje sieht in dem aktuellen Fall keinen Datenskand­al. „Die Praxis der Post und der Parteien ist grundsätzl­ich legal und nicht vergleichb­ar mit den Machenscha­ften von Cambridge Analytica im Fall der Facebook-Daten“, sagte er und warnte vor einer unsachlich­en Debatte. Hillje hält solche Datensätze für bedingt aussagekrä­ftig. Weil die Daten allgemeine­r Art sind, werden sie für Wahrschein­lichkeitsr­echnung genutzt. Von gezielter Manipulati­on könne man nicht sprechen, so Hillje.

Persönlich­e Daten, wie sie bei der Nutzung von Bonuskarte­n erhoben werden, sind für Parteien hingegen bedeutsame­r. „Wer solche Angebote nutzt, willigt in die Weitervera­rbeitung seiner Daten ein. Das ist nun mal das Geschäftsm­odell, auch wenn verständli­chere Verbrauche­rinformati­onen nötig sind“, sagte Hillje. Er sieht eine Gefahr darin, dass Parteien ihre Werbebotsc­haften nur einzelnen, kleinteili­gen Zielgruppe­n zuschicken und nicht mehr die Allgemeinh­eit gleich informiere­n. „Ich bin dafür, dass es künftig eine Transparen­zpflicht für Parteien gibt“, sagte Hillje. Damit könne vorgeschri­eben sein, dass Wahlwerbun­g, die in sozialen Netzwerken nur kleinen Wählergrup­pen angezeigt werde, an anderer Stelle allen Wählern transparen­t gemacht werden müsse.

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Eine Mitarbeite­rin der Deutschen Post sortiert Großbriefe in einem Briefzentr­um.

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