Rheinische Post

Kulturstre­it ums Sorgerecht

In „Das deutsche Kind“soll eine Sechsjähri­ge nach dem Tod der Mutter in eine muslimisch­e Familie.

- VON PATRICK REICHARDT

HANNOVER (dpa) Ein Lkw überrollt eine alleinerzi­ehende Mutter – und löst damit einen aberwitzig­en Streit um das Sorgerecht und die Erziehung einer Sechsjähri­gen aus. Mit dieser Szene beginnt der Film „Das deutsche Kind“.

Nach dem Tod von Natalie Unger (Petra Schmidt-Schaller) wird die kleine Pia zum Spielball der Angehörige­n – und der Kulturen. Denn statt bei ihren Großeltern soll die Tochter (Malina Harbort) nach Natalies Wunsch in ihrem Testament bei der besten Freundin der Mutter aufwachsen. Und damit in einer muslimisch­en Familie. Die PflegeElte­rn Sehra (Neshe Demir) und Cem Balta (Murathan Muslu), ein angehender Imam, machen sich die Entscheidu­ng nicht einfach.

Sie haben eine eigene Tochter, Hanna (Sue Moosbauer), und nehmen Pia zusätzlich auf. Dadurch handeln sie sich heftige Kritik in der Familie und auch den Unmut von Hanna ein. Die Herausford­erungen, mit denen sich die Eltern konfrontie­rt sehen, als sie das Mädchen zu sich nehmen, erweisen sich als deutlich größer als erwartet.

Pias Großeltern gehen von Anfang an auf Distanz zu der muslimisch­en Familie. Jedes zweite Wochenende dürfen Christine Unger (Katrin Sass) und ihr Mann Theodor (Lutz Blochberge­r) auf ihr Enkelkind aufpassen. Oma und Opa, die voller Argwohn sind und keinen Konflikt scheuen, machen dem Mädchen großzügige Geschenke und lassen sie taufen – auch, um sie von der anderen Religion abzugrenze­n. Früh gibt es Konflikte im Verhältnis der Großeltern zur erziehungs­berechtigt­en Familie. Oft scheint es den Streitende­n mehr um Glaube, Heimat und Religion zu gehen als um das Kind.

„Ich weiß nur eines, dass Sie uns das Enkelkind wegnehmen“, zürnt Großmutter Christine gegen Sehra und Cem. Mehr noch als um das Sorgerecht geht es in dem Drama des österreich­ischen Regisseurs Umut Dag aber um die aktuelle Frage, ob und wie der Islam zu Deutschlan­d gehört. Der Film handelt von Integratio­n und davon, ob hierzuland­e dafür bereits genug gesorgt wird. Auch deshalb wird „Das deutsche Kind“möglicherw­eise polarisier­en.

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Die Pflegeelte­rn Sehra (Neshe Demir, l.) und Cem Balta (Murathan Muslu) bringen Pia (Malina Harbort) in einer Szene des Films „Das deutsche Kind“zu ihren Großeltern.

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