62 Tote durch ärztliche Fehler
Die Zahl der Behandlungsfehler ist aber 2017 auf 2213 Fälle leicht gesunken.
BERLIN (RP) Im vergangenen Jahr ist es der Bundesärztekammer zufolge deutschlandweit in 2213 Fällen zu einem ärztlichen Behandlungsfehler gekommen – nach 2245 Fällen im Jahr 2016 ist das ein leichter Rückgang. Zum Tod von Patienten führten Behandlungsfehler demnach in 62 der festgestellten Fälle (2016: 96 Fälle). Die meisten Beschwerden bei den Gutachtern und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft betrafen weiterhin Operationen an Knien und Hüftgelenken sowie Eingriffe wegen Brüchen von Unterschenkel und Sprunggelenk.
Für das Erhebungsjahr 2016 meldete das Statistische Bundesamt 19,5 Millionen Behandlungsfälle in Krankenhäusern. Hinzu kommen rund eine Milliarde Arztkontakte jährlich in den Praxen. Drei Viertel der Beschwerden wegen möglicher Behandlungsfehler betrafen Krankenhäuser, ein Viertel Arztpraxen. Insgesamt trafen die Gutachterkommissionen und Schlichtungs- stellen für außergerichtliche Lösungen im vergangenen Jahr bundesweit 7307 Entscheidungen zu mutmaßlichen Fehlern (2016: 7639). Dafür beurteilen Experten, inwieweit eine Behandlung zum jeweiligen Zeitpunkt dem anerkannten medizinischen Standard entsprochen hat.
Auch die Medizinischen Dienste der Krankenkassen gehen Behandlungsfehlern nach. Im Jahr 2016 erstellten sie rund 15.000 Gutachten, in knapp jedem vierten Fall wurden Fehler bestätigt. Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte oder Versicherungen wenden, ist unbekannt. Nach Schätzungen der Ärzte dürfte die Beschwerdezahl etwa bei 40.000 pro Jahr liegen.
Die Stiftung Patientenschutz forderte die Schaffung eines bundesweiten Zentralregisters. „Hier müssen nicht nur die ärztlichen Behandlungsfehler, sondern auch alle Fehler in der Pflege erfasst werden“, sagte Vorstand Eugen Brysch.
Die Stiftung Patientenschutz fordert ein bundesweites Zentralregister für Fehler
Jeder Behandlungsfehler durch Ärzte ist einer zu viel. Falsche Hüftprothesen, unnötige Knieoperationen oder zu spät erkannte Darmverletzungen – für Patienten kann das schlimme Folgen haben, bis hin zum Tod. Offiziell liegt die Fehlerzahl nur im Promillebereich, die Dunkelziffer aber ist viel höher. Behandlungsfehler lassen sich nur schwer nachweisen, viele Betroffene melden sich deshalb nicht. Bei ihnen liegt im Streitfall die Beweislast.
Wichtigster Grund für Behandlungsfehler: die mangelnde Zeit in Praxen und Kliniken. Ärzte stehen überall unter zunehmendem Zeitdruck – aus Personalmangel, wegen zu rigiden Kostenmanagements oder übersteigerten Gewinninteresses. Gewinnmaximierung kann fatale Folgen haben. Für die richtige Behandlung ist sie keine gute Voraussetzung. Patienten und Ärzte brauchen vielmehr Ruhe und Zeit dafür. Umso dringlicher ist, die Zahl der Ärzte dort zu steigern, wo Patienten die vollsten Wartezimmer vorfinden – in den ländlichen Räumen, aber auch in den dichter besiedelten, aber strukturschwächeren Regionen. Patienten dürfen nicht zu Waren werden.
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