Warum sich die jüngere Konkurrenz an Isabell Werth die Zähne ausbeißt.
Wenn es um die großen Titel geht, ist die Rheinbergerin nach wie vor unschlagbar. In Paris gewinnt die „Queen of Dressage“zum vierten Mal den Weltcup – doch die Konkurrenz hat im WM-Jahr mächtig aufgeholt.
PARIS (dpa/sid) Lange vor der perfekt getanzten Schlusslinie wusste Isabell Werth, dass sie wieder einmal nicht zu schlagen war. Ein Lächeln lag auf dem Gesicht der sechsmaligen Olympiasiegerin aus Rheinberg, als ihre vierbeinige Primaballerina Weihegold ins Ziel federte. „Es war vielleicht ihre beste Kür überhaupt“, sagte Werth, die in Paris zum vierten Mal den Weltcup in der Dressur gewann und dabei als Einzige die 90-Prozent-Marke knackte.
Auch Bundestrainerin Monica Theodorescu schwärmte nach dem Siegritt: „Das war sehr, sehr gut geritten.“Theodorescu durfte aber auch mit dem Abschneiden ihrer beiden anderen Reiterinnen in Paris höchst zufrieden sein. Jessica von Bredow-Werndl kam hinter Werth und der US-Amerikanerin Laura Graves mit dem Hengst Unee (83,725) auf den dritten Platz. Fünfte wurde Dorothee Schneider mit Sammy Davis Jr. (81,843).
Wenn es um die ganz großen Titel geht, führt aber eben an der erfolgreichsten Reiterin der Geschichte noch kein Weg vorbei. Der Weltverband FEI nennt die 48-jährige Werth respektvoll „Queen of Dressage“, doch die Thronjäger sitzen der Königin im Nacken. Im Jahr ihrer Heim-WM im September in Try- on/North Carolina machte vor allem Graves mit dem 16-jährigen Wallach Verdades einen Riesensatz. Sie verbesserte ihre persönliche Bestleistung in der Kür von 84 auf 89 Prozent – in der zementierten Welt der Dressur ein Quantensprung.
Und nicht nur Graves oder die junge Dänin Cathrine Dufour mit ihrem brillanten Tänzer Cassidy sind Isabell Werth ungewohnt dicht auf den Fersen, auch Sönke Rothenberger und sein Cosmo, deren Ansturm Werth bei der EM 2017 nur ganz knapp abwehren konnte, sind ein verlässliches Versprechen für die Zukunft. In Paris fehlte Rothenberger, er verzichtete komplett auf den Weltcup und wird erst in der sogenannten grünen Saison wieder aufs Viereck zurückkehren. Und in dieser grünen Saison, die Ende April traditionell mit dem Showturnier Horses and Dreams in Hagen beginnt, werden die Karten ganz neu gemischt. Sagt zumindest Isabell Werth, und die muss es ja am besten wissen.
Dass sie dennoch das Maß aller Dinge bleibt, ist eine unumstößliche Tatsache. Werths Erfahrung, ihre Cleverness im Sattel und ihre Nervenstärke sind vor allem in den ganz großen Turnieren der Schlüssel zum Erfolg. Die 48-Jährige hat auf jede Herausforderung eine Antwort, die Niederlage gegen Graves im Grand Prix von Paris frustrierte sie nicht, sondern stachelte sie in der entscheidenden Kür erst richtig an. „Man kann Isabell nicht verunsichern“, sagte Graves: „Das ist vielleicht ihre allergrößte Stärke.“
Das nächste Championat steht Anfang Juni bei den deutschen Meisterschaften in Balve im Sauerland auf dem Programm, mindestens bis dahin wird Werth auf ihre vierbeinige Erfolgsgarantin Weihegold verzichten müssen. Die 13-jährige Stute geht wie immer nach der Hallensaison in eine Zuchtpause. „Unsere Jahresplanung ist davon aber nicht beeinflusst“, sagte Werth. Im Juli wird beim CHIO in Aachen das WM-Team für Tryon nominiert. Und auch dabei führt an Werth und Weihegold natürlich kein Weg vorbei.