Rheinische Post

Hennings verpasst die Wende

Fortunas Top-Torjäger lässt in Heidenheim die Riesenchan­ce zur 2:1-Führung aus. Am Ende verliert der Spitzenrei­ter der Zweiten Liga nach einer ganz schwachen Leistung beim Abstiegska­ndidaten 1:3. Die Einzelkrit­ik.

- VON WERNER JOLITZ

In Heidenheim verliert der Spitzenrei­ter der Liga nach einer schwachen Leistung beim Abstiegska­ndidaten 1:3.

Raphael Wolf Hatte trotz stürmische­r Heidenheim­er Angriffe bis zum 0:1 alles im Griff. Die Treffer jedoch konnte der Keeper nicht verhindern, hatte keine Hilfe durch seine Abwehr. Auch beim dritten Gegentreff­er wurde er schmählich im Stich gelassen. Note 4 Jean Zimmer War sofort gefordert, immer wieder kamen die Angriffe der Heidenheim­er über seine Seite, die hatten ihn offenbar als Schwachste­lle ausgemacht. Nach vorne konnte sich der 24-Jährige kaum in Szene setzen, versuchte es aber auch nur sehr selten. Note 5 Adam Bodzek Ersetzte den gesperrten Kaan Ayhan in der Innenverte­idigung, führte die Mannschaft als Kapitän aufs Feld. Hatte in der ersten Hälfte jede Menge Arbeit. Mit Ideen in der Spieleröff­nung, die allerdings nicht so gelangen wie geplant. Ließ sich von den Fehlern seiner Nebenleute anstecken. Note 5 Robin Bormuth Stand im Abwehrzent­rum von Beginn an im Brennpunkt, bewahrte aber zunächst die Übersicht. Beim 0:1 war er mit beteiligt – danach äußerst unsicher. Es gelang ihm nicht mehr, Stabilität in seine Aktionen zu bringen. Note 5 Niko Gießelmann Der ehemalige Fürther musste sich erst einmal auf seine Abwehraufg­aben konzentrie­ren, erledigte diese Aufgabe sicher. Wurde später offensiver, zog aber immer wieder zu früh in die Mitte. Beim 1:2 kam er nicht rechtzeiti­g hinterher. Note 4Marcel Sobottka Versuchte die Heidenheim­er Angreifer noch vor der Abwehrkett­e zu stellen. Das gelang erst einmal ganz gut, beim 0:1 jedoch hatte der gebürtige Gelsenkirc­hener auch Aktien im Spiel. Im Spiel nach vorne sehr zurückhalt­end. Ein Nachschuss kurz nach der Pause aus kürzester Distanz hätte sitzen müssen. Note 4 Florian Neuhaus Kehrte in die Startelf zurück, übernahm den Platz im Mittelfeld von Oliver Fink. Hatte zunächst viele Ballkontak­te, bei seinen langen Pässen fehlte jedoch die Justierung. Enttäuscht­e auf der ganzen Linie, muss viel mehr zeigen. Note 5 Takashi Usami Trainer Friedhelm Funkel vertraute von Beginn an auf den japanische­n Nationalsp­ieler. Begann laufstark und zielstrebi­g. Ein feiner Schuss in der 19. Minute verfehlte das Ziel nur knapp. Ihm gelang in der 50. Minute dann aber der 1:1-Ausgleich. Note 4 Benito Raman Der flinke Belgier kam nicht richtig in die Begegnung. Lief viel, versuchte sich Bälle zu erobern – blieb aber glücklos. Steckte nicht auf, arbeitete weiter an sich, strahlte aber keine Gefahr aus. Wurde später ausgewechs­elt. Note 4- Genki Haraguchi In der ersten Halbzeit war die Leihgabe von der Berliner Hertha sehr defensiv orientiert, war selten im Vorwärtsga­ng zu sehen. Ließ aber hin und wieder Gefahr aufblitzen, setzte seine Nebenleute wenigstens ab und an in Szene. Note 4+ Rouwen Hennings Der Top-Torschütze war zwar viel in Bewegung, versuchte Lücken zu reißen. Die seltenen Anspiele aus dem Mittelfeld kamen aber nicht präzise genug – zudem ließ der Stürmer eine Großchance aus, durch die die Partie hätte kippen können. Note 5 Davor Lovren Wurde in der 70. Minute für Benito Raman eingewechs­elt. Viele Aktionen hatte der 19-jährige Kroate allerdings nicht mehr. Ohne Note Havard Nielsen Kam in der 78. Minute für Neuhaus. Ohne Note

HEIDENHEIM Rouwen Hennings stapfte wütend in die Kabine. Der Stürmer von Fortuna Düsseldorf diente als Sinnbild einer sportliche­n Krise. Hennings hätte Fortuna Düsseldorf in Führung schießen können, oder besser: müssen. Aber er schoss freistehen­d daneben. In der entscheide­nden Phase im Kampf um den Aufstieg in die FußballBun­desliga fehlt Fortuna die nötige Kaltschnäu­zigkeit – und in Teilen auch der Wille. Nach dem 1:3 (0:1) beim stark abstiegsbe­drohten 1. FC Heidenheim, der dritten Niederlage in Folge, ist der einst komfortabl­e Zehn-Punkte-Vorsprung auf den Relegation­splatz auf vier Zähler geschrumpf­t. „Wir haben die defensive Stabilität verloren“, analysiert­e Fortunas Trainer Friedhelm Funkel. „Trotzdem freue ich mich richtig auf die letzten vier Spiele.“

Funkel will mit aller Macht die positive Stimmung erhalten. Heidenheim­s Trainer Frank Schmidt lobte die Körperspra­che seiner Mannschaft. Auch Funkel bekundete, er habe am Auftreten seiner Elf nichts auszusetze­n. Während man geneigt war, Schmidt vorbehaltl­os zu folgen, sah das bei Funkels Aussage anders aus. Besonders in der ersten Halbzeit kauften die Hausherren den Düsseldorf­ern mit geschickte­m Zweikampfv­erhalten und guter Organisati­on im Defensivve­rbund den Schneid ab.

Nach 20 Minuten stand es dann auch 0:1 aus Sicht der Fortuna. Florian Neuhaus ließ Niko Gießelmann auf der linken Abwehrseit­e allein, Marc Schnattere­r flankte in die Mitte, und Robin Bormuth schoss Marcel Sobottka an. Der Ball rollte dem Heidenheim­er Nikola Dovedan vor die Füße, der nur noch vollenden musste. Ein halbes Eigentor. Kurz zuvor hatte Takashi Usami die Gelegenhei­t gehabt, Düsseldorf in Füh- rung zu bringen. Der Japaner zirkelte den Ball aber aus 18 Metern am Pfosten vorbei. Bei der herausrage­nden Schusstech­nik Usamis ist davon auszugehen, dass er sieben von zehn solcher Versuche im Tor unterbring­t. Funkel erhöhte später bei der Chance von Hennings sogar: „Den macht Rouwen in neun von zehn Fällen rein.“Genki Haraguchi hatte den Ball dem Torjäger mustergült­ig serviert. Doch Hennings schob das Spielgerät am Pfosten vorbei. Es wäre das 2:1 gewesen und viel mehr noch: Es wäre womöglich die Wende im Spiel gewesen.

Denn Fortuna zeigte nach dem Seitenwech­sel zunächst eine merkliche Steigerung. Die dritte Großchance innerhalb von nur fünf Minuten nutzte Usami zum Ausgleich. Diesmal schlenzte er den Ball sehenswert in den Winkel. „Eigentlich sind wir dann am Drücker. Doch dann gibt es einen Genickschl­ag nur fünf Minuten später“, erklärte Niko Gießelmann.

In der Tat war das 2:1 der Heidenheim­er ein Wirkungstr­effer. Der völlig indisponie­rte Jean Zimmer ließ sich über seine rechte Seite vorführen. Maximilian Thiel flankte in die Mitte, und Dovedan köpfte völlig al- leingelass­en ein. Fortuna versuchte es noch einmal mit mehr oder minder halbherzig vorgetrage­nen Angriffen, doch als der eingewechs­elte Kevin Lankford die Defensive allein schwindlig spielte und Kevin Kraus volley zum 3:1 ins Tor traf, war die Niederlage besiegelt.

Dass die Stamm-Innenverte­idigung sowie Kapitän Oliver Fink fehlten, wollte Stellvertr­eter Adam Bodzek nicht als Ausrede verstanden wissen: „Das ist doch alles Quatsch. Wir reden die ganze Saison davon, dass wir einen breiten Kader haben, dann muss das auch in dieser Besetzung funktionie­ren.“Warum es das nicht tat, konnte er auch nicht erklären: „Es ist schwierig zu sagen. Wir müssen vorne einfach die Dinger reinhauen und hinten wieder besser stehen.“Klingt simpel.

Damit muss Fortuna dringend am nächsten Sonntag gegen den FC Ingolstadt (13.30 Uhr) wieder beginnen. Zumindest, wenn der Aufstieg in die Bundesliga Realität werden soll. Gestern jedoch blieben alle Protagonis­ten bei der offizielle­n Sprachrege­lung: Platz eins bis sechs wäre ein voller Erfolg.

„Ich freue mich trotzdem richtig auf die letzten vier Spiele“Trainer Friedhelm Funkel „Ausfälle? Das ist doch alles Quatsch. Das muss auch in dieser Besetzung funktionie­ren.“Ersatzkapi­tän Adam Bodzek

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FOTO: CHRISTOF WOLFF Rouwen Hennings (28) ist fassungslo­s: Soeben hat Fortunas Stürmer die Riesenchan­ce zur 2:1-Führung ausgelasse­n.
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FOTO: IMAGO Fortunas Innenverte­idiger Robin Bormuth hadert mit sich und der Welt. Rechts Angreifer Havard Nielsen.

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