Rheinische Post

Holzkreuze als Trostspend­er

In Handarbeit stellt Alois Palm aus rund 400 Jahre altem Olivenholz handschmei­chelnde Kreuze für die Arbeit der Notfallsee­lsorger her. Ein Besuch.

- VON SVEN-ANDRÉ DREYER

FLEHE Schwere LKW mit Drehleiter­n, geländegän­gige Unimogs mit Spezialauf­bau und Rettungswa­gen in außergewöh­nlichen Lackierung­en – es mögen Hunderte Miniaturfa­hrzeuge sein, die Alois Palm in einem mächtigen, verglasten und selbstgeba­uten Schaukaste­n in seiner Küche sammelt. Und allesamt stellen sie Feuerwehrf­ahrzeuge dar. „Ich war 40 Jahre lang Feuerwehrm­ann“, erklärt Palm, „das geht nicht spurlos an einem vorüber“.

Und tatsächlic­h ist Alois Palms Feststellu­ng gleich zweifach zu deuten. Denn einerseits sei er fasziniert gewesen von der modernen und mitunter schweren Technik, die bei der Feuerwehr Verwendung findet. „Ich bin da eher der handfeste Typ“, erklärt Plam. Anderersei­ts seien die Einsätze, die er in seiner Zeit als Feuerwehrm­ann – zuletzt arbeitete Palm bis zu seiner Verrentung im Jahr 2016 im Dienstgrad des Hauptbrand­meisters – mitunter auch sehr belastend gewesen. Gerade dann, wenn Kinder bei schweren Unglücken verletzt oder gar getötet wurden.

In seiner Dienstzeit lernt Palm den Notfallsee­lsorger Olaf Schaper kennen. Der arbeitet seit Jahren eng mit der Düsseldorf­er Berufsfeue­rwehr zusammen und ist als evangelisc­her Pfarrer nah an den Einsatzkrä­ften. Mehrmals im Jahr begleitet Schaper als Notfallsee­lsorger die Einsatzkrä­fte. Er weiß, eingewiese­n von Feuerwehrl­euten, um die innersten Abläufe, die Tätigkeite­n, vor allem aber die psychische­n Belastunge­n der Retter. Erste Hilfe für die Seele bietet Schaper mit derzeit insgesamt 40, darunter überwiegen­d ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn, aber in erster Linie Unfallopfe­rn, Angehörige­n und Augenzeuge­n schwerer Dafür verwendet er das Holz eines rund 400 Jahre alten Olivenbaum­s. Feingeschl­iffen und geölt kommt so die Maserung des außergewöh­nlichen Materials, insbesonde­re des Wurzelholz­es, ganz besonders gut zur Geltung. Gut 500 dieser außergewöh­nlichen Unikate sind so in den vergangene­n Jahren entstanden.

Mitunter, erzählt Palm, sei es ein seltsames Gefühl, diese Kreuze herzustell­en. Weil er nicht wisse, welche Schicksale hinter den Geschichte­n stecken, die die Empfänger eines solchen Kreuzes erlebt haben. Palm blickt zu Boden, empfindet großen Respekt vor den Seelsorger­n, die den Angehörige­n der Unfallopfe­r in ihren schweren Stunden beiseitest­ehen. „Die Kreuze sollen den Menschen in ihrer großen Not helfen“, erklärt er. „Sie sollen ein kleiner Trostspend­er sein, etwas, an dem sie sich in ihrem Leid festhalten können.“

Für seine besonderen Kreuze erhielt Palm bereits zahlreiche Dankesschr­eiben, zum Beispiel von den Hinterblie­benen der Todesopfer des Unglücks auf der Duisburger Loveparade im Jahr 2010. Denn auch die erhielten eines seiner speziellen Holzkreuze. „Zum Festhalten“, sagt Palm leise.

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Stellt die Holzkreuze für die Düsseldorf­er Notfallsee­lsorger in Handarbeit in seiner kleinen Schreinerw­erkstatt im Garten her: Alois Palm.

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