Deutsche Bank muss durch den Stresstest
Das Unternehmen rechnet auf Verlangen der EZB-Aufsicht durch, was die Abwicklung des Investmentbanking-Geschäfts kosten würde.
FRANFKURT Beim Wort Stresstest werden sie in der Bankenbranche hellhörig. Das Wort steht für die Verpflichtung der Geldhäuser, ihre Widerstandsfähigkeit in Fällen offenzulegen, in denen große Krisen über ihnen hereinbrechen. Beispielsweise eine schwere Rezession, deren Folgen auf die Großen im Geldgewerbe in Europa schon vor Jahren getestet wurden. Jetzt bekommt die Deutsche Bank so etwas wie einen eigenen Stresstest. Die Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das Geldhaus laut „Süddeutscher Zeitung“dazu verdonnert, die Konsequenzen aus einer Abwicklung seines Investmentbanking-Geschäfts durchzurechnen.
Nach Angaben der Zeitung ist es das erste Mal, dass die EZB eine solche Simulation für eine Großbank in der Euro-Zone verlangt. Die Rechnungen liefen schon eine Zeit lang. Die Deutsche Bank hat dazu nur erklärt, sie berechne „für Regulatoren routinemäßig die Konsequenzen einer geordneten Abwicklung von Positionen in unseren Handelsbüchern“. Das sei „übliche Praxis in der Finanzindustrie“. Die EZB, die angeblich weitere Banken entsprechender Größenordnung zu solchen Berechnungen auffordern will, sagt offiziell nichts dazu. Der Deutsche-Bank-Test wäre also die Blaupause für andere Untersuchungen. Deutschlands Primus soll auch deshalb ausgewählt worden sein, weil das Unternehmen zu den Risikoreichen des Gewerbes auf dem Kontinent gehört.
Vorab: Die Deutsche Bank hat aller Kritik von Analysten und Forde- rungen von Aktionären zum Trotz derzeit keine Pläne, das Investmentbanking abzugeben. Das hat das Unternehmen immer wieder betont, zuletzt nach dem Chefwechsel von John Cryan zu Christian Sewing, der an der Universalbank festhalten will.
Die EZB-Forderung hat also nichts mit der Personalrochade und auch nichts mit den aktuellen Diskussionen um die Rentabilität des Deutsche-Bank-Investmentbankings zu tun. Sondern: Europas Bankenaufseher wollen wissen, was bei den großen Instituten in der Euro-Zone passieren würde, wenn bestimmte Bereiche abgewickelt würden. Kernfrage: Kommt die jeweilige Bank in einem solchen Fall ohne Staatshilfe aus? Oder droht die nächste Lehman-Krise, weil Riesen vom Kaliber der Deutschen Bank kaum noch aufzufangen sind?
Das ist schwer zu beurteilen. Würde die Deutsche Bank ihre Handelsbestände abwickeln (und in der Sparte beschäftigte Mitarbeiter abfinden müssen), wäre dies nach Einschätzung von Analysten mit Verlusten bis zu 26 Milliarden Euro verbunden. Aus Analysten-Sicht schmerzvoll, aber verkraftbar.
Das ist aber auch nur ein Aspekt des Risikos. Zum Handelsbestand der Bank gehören auch Derivate im Billionenwert. Derivate sind Produkte, die vor allem in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Investmentbankern kreiert wurden, damit Unternehmen und Investoren sich gegen Risiken aller Art absichern konnten – gegen Zins, Währungs-, Preis- und Kursrisiken. Die Banken handeln mit diesen Derivaten, bei der Deutschen Bank bewegt sich das Volumen dieser Papiere im zweistelligen Billionenbereich. Das Problem: Manche werden nicht an der Börse gehandelt, haben also keinen Marktpreis. Würden Kunden und Geschäftspartner Geld abziehen, weil sie der Bank nicht mehr trauen, dieses BillionenRisiko zu managen, käme der Konzern in arge Schwierigkeiten. Das ist zunächst nur Theorie. Aber die EZBAufsicht befasst sich auch mit solchen Gefahren, weil sie seit der internationalen Finanzkrise Risiken für das Gesamtgefüge möglichst gering halten will.
Abseits der EZB-Prüfung ist das Investmentbanking bei der Deutschen Bank eh umstritten. Es steht noch immer für einen Großteil der Erträge. Aber: Die Milliarden-Boni bei zeitgleichen Milliardenverlusten sind vielen sauer aufgestoßen, vor allem, weil die Bank in Kapitalmarkt- und Handelsgeschäft deutlich Marktanteile gegenüber USWettbewerbern verloren hat.