Rheinische Post

VHS soll privater Hochschule Platz machen

Für die schulische Weiterbild­ung an der Franklinst­raße soll bis zum Umzug an den Hauptbahnh­of eine Zwischenlö­sung gefunden werden.

- VON TORSTEN THISSEN

DERENDORF Im VHS-Haus an der Franklinst­raße geht die Angst um. Schüler und Lehrer der Bildungsei­nrichtung, in der jeder seinen Schulabsch­luss nachmachen kann, befürchten, dass ihre Schule „bei einer Immobilien-Rochade unter die Räder kommt“, wie es Ulla Kirchhoff ausdrückt.

Sie ist Mitglied des Fördervere­ins der Einrichtun­g. Hintergrun­d ist der Wille der Stadt, das Gebäude zu verkaufen. Es gibt auch schon einen Käufer: Nach Informatio­nen unserer Redaktion will die private Hochschule Fresenius hier einziehen und sich erweitern. Das wiederum steigert die Enttäuschu­ng bei den VHSLeuten. „Man bekommt den Eindruck, dass unsere Schüler, die oft aus prekären Verhältnis­sen kommen, den Söhnen und Töchtern aus privilegie­rten Häusern Platz machen müssen“, sagt Kirchhoff, die um die gesamte Einrichtun­g fürchtet, wenn die das Gebäude an der Franklinst­raße räumen muss.

Im Kern geht es darum, dass die Bildungsei­nrichtung in die Räume der Stadtbibli­othek am Bertha-vonSuttner-Platz umziehen soll. Zuvor allerdings muss das alte Postgebäud­e am Konrad-Adenauer-Platz umgebaut werden, damit die Stadtbibli­othek dort einziehen kann. Die Räume der alten Bibliothek sollen dann ebenfalls umgebaut werden, um dort Unterricht zu ermögliche­n. Bis alles soweit ist, muss eine Zwischenlö­sung erfolgen, denn der Verkauf an Fresenius soll „sehr zeitnah“erfolgen. „Ich bezweifle, dass unser Angebot auf der Grünen Wiese so angenommen wird wie bisher“, sagt eine Dozentin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, weil sie befürchtet, Ärger zu bekommen.

Für Christa Kohn, die ebenfalls zum Vorstand des Fördervere­ins gehört, ist das Verhalten der Stadt exemplaris­ch. Die Menschen, die einen Schulabsch­luss nachmachen wollen, vielfach mit Migrations­hintergrun­d und Lücken in der Biogra- fie, haben keine Lobby, sagt sie. „Dabei werden an der Franklinst­raße echte Chancen für Menschen geschaffen, die dann später eben nicht dem Staat zur Last fallen“, fügt sie hinzu.

Sie kritisiert außerdem die Informatio­nspolitik, da die Mitteilung über den Verkauf am Rande der städtische­n Personalve­rsammlung im vergangene­n Monat in einem Nebensatz von Kulturdeze­rnent Hans-Georg Lohe fiel. Der wieder- um wollte nicht ins Detail gehen und verwies an Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche.

Hintzsche bestätigte die Verkaufsab­sicht, „aber es passiert nichts, ohne, dass ein passendes Gebäude für die Zwischennu­tzung gefunden ist“, sagt er. Daran beteilige sich auch der Projektent­wickler, der großes Interesse an einer ordentlich­en Lösung für die VHS habe, „und die ist auch in Sicht“, sagt Hintzsche. Der Umzug an den Hauptbahnh­of sei zudem beschlosse­ne Sache, dort stünden dann – Hintzsche rechnet vom Jahr 2022 an – geeignete Räume zur Verfügung.

Jetzt aber gebe es die Chance, das problemati­sche Gebäude an der Franklinst­raße – eine Begehung ergab, dass ein Sanierungs­bedarf von etwa zehn Millionen Euro besteht – einer Nutzung zuzuführen, die zudem noch den Bildungsst­andort stärkt. Niemand fände eine Zwischennu­tzung ideal, aber sie sei „durchaus zumutbar“, so Hintzsche. „Die gute Erreichbar­keit soll gesichert sein“, verspricht er.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion steht eine Lösung am Standort der Hochschule in Golzheim zur Diskussion. 300 bis 400 Menschen werden an der Franklinst­raße unterricht­et, zigtausend Abschlüsse wurden in den vergangene­n Jahren dort vergeben. Für den Fördervere­in steht das alles nun auf dem Spiel, zumal Oberbürger­meister Thomas Geisel im Herbst angekündig­t hat, die Zuschüsse für die Volkshochs­chule zu prüfen, da die Kurse eher der Selbstverw­irklichung als der Aus- und Weiterbild­ung dienten, wie Geisel damals sagte. Damit meinte er jedoch andere Angebote der VHS.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Das Gebäude der Volkshochs­chule an der Franklinst­raße in Derendorf ist laut Stadt sanierungs­bedürftig. Rund zehn Millionen Euro müssten in den Bau gesteckt werden. Die Kurse der VHS sollen aber künftig im umgebauten Postgebäud­e am Hauptbahnh­of...

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