Licht und Schatten von Potsdam
Mit der üblichen Folklore geht der Tarifstreit im öffentlichen Dienst zu Ende. Massive Warnstreiks und lange Verhandlungsnächte sollten den Mitgliedern zeigen: Wir haben bis zum Letzten gekämpft. Dass Verdi und Co. diese Rituale noch immer brauchen, ist ein echtes Ärgernis. Wieder mal hatten sie Passagiere, Pendler, Schul- und Kitakinder als Geiseln genommen. Die gute Nachricht von Potsdam: Eine neue Warnstreikwelle oder gar unbefristete Streiks wird es in den nächsten zwei Jahren bei den Kommunen, wo Streiks richtig weh tun, nicht geben. Als gute Nachricht kann auch der Abschluss gelten: In einer Zeit, in der die Wirtschaft boomt und die Steuereinnahmen sprudeln, sind Erhöhungen um drei Prozent angemessen. Eine Stadt, die nicht mal das schafft, hat ein grundsätzliches Problem und muss dringend überlegen, ob sie ihr Geld wohl sinnvoll ausgibt.
Die schlechte Nachricht ist der Mindestbetrag für niedrige Lohngruppen. Wenn die Kommunen den Kampf um Fachkräfte gegen die Wirtschaft bestehen wollen, müssen sie am oberen Ende der Gehaltstabelle mehr bieten. Zudem macht ein Mindestbetrag gerade einfache Arbeitsplätze teurer. Damit wächst ausgerechnet bei den Menschen, für die ohnehin immer mehr Jobs verschwinden, der Rationalisierungsdruck. Ein Eigentor.
Antje Höning