Ein Ort für Anglikaner aus aller Welt
Die Düsseldorfer Glaubensgemeinde vereint mehr als 20 Nationen. Ein Viertel der Mitglieder ist jünger als 16 Jahre.
Ein wenig versteckt zwischen Nordpark und Messegelände liegen Kirche und Gemeindehaus der Anglikaner. Idyllisch und doch ein wenig abseits ist diese Lage auch ein Sinnbild für das Gemeindeleben. Denn vielen Düsseldorfern wird die Existenz der Glaubensgemeinschaft unbekannt sein, obwohl ihre Mitglieder sehr aktiv sind.
Vor drei Jahren kam Stephen Walton aus England als Priester nach Düsseldorf. Seine Geschichte steht stellvertretend für einen Großteil der übrigen Mitglieder, die mehrheitlich aus privaten oder beruflichen Gründen nach Düsseldorf kamen. Aufgewachsen in SüdwestEngland lernte er im Urlaub in Frankreich seine Ehefrau, eine Deutsche, kennen. Nach einigen gemeinsamen Jahren in England sah er, dass die Priesterstelle in Düsseldorf vakant war und entschloss kurzerhand mit seiner Familie in die Landeshauptstadt zu ziehen.
Auch wenn die anglikanische Kirche ihre Ursprünge in England hat, setzt sich die Düsseldorfer Gemeinde aus Mitgliedern aus über 20 Nationen von verschiedenen Kontinenten zusammen, die der Kirche ihrer Heimat treu bleiben wollen. Die Sprache der Gemeinde ist deshalb Englisch. Rund 70 Mitglieder zählen die Anglikaner. Viele davon kommen aus dem Umland und fahren jeden Sonntag 25 Kilometer und mehr, um am Gottesdienst teilzunehmen. Das bringt einige Nachteile mit sich: „Ein regelmäßiges Gemeindeleben ist dadurch schwierig“, erzählt Stephen Walton. Daher wird abseits der Gottesdienste der Glauben mehrheitlich in den eigenen vier Wänden der Mitglieder gelebt.
Deshalb nutzen die Mitglieder den Gottesdienst auch für Begegnungen mit anderen. So trifft man sich anschließend im Gemeinderaum, um bei Kaffee und Kuchen noch ein paar Worte miteinander zu wechseln. Hier zeigt sich auch ein Unterschied zu vielen anderen Glaubensgemeinden in Düsseldorf, die mit Austritten und leeren Kir- chenbänken zu kämpfen haben. Zwar mag die anglikanische Gemeinde klein sein, doch über leere Plätze und Überalterung muss sie sich keine Sorgen machen. „Ein Viertel unserer Mitglieder ist jünger als 16 Jahre“, erzählt Stephen Walton. Die geringe Anzahl an Mitgliedern sieht er sogar als Vorteil: „In großen Kirchen kann man leichter verloren gehen“, sagt er.
Für Walton und viele der Mitglieder sind die Anglikaner auch eine Möglichkeit, mit den eigenen Glau- benswurzeln und der Heimat in Berührung zu bleiben.
Doch es gibt auch deutsche Mitglieder ohne familiäre Verbindung zu der Gemeinde. Einer von ihnen ist Wolfgang Möhring. In Norddeutschland ist er geboren und aufgewachsen, danach zog es ihn beruflich für einige Jahre nach England. Nach seiner Rückkehr wurde er zufällig auf ein Projekt der Anglikaner aufmerksam. „Dann habe ich einmal den Gottesdienst besucht, der mir sehr gut gefallen hat“, er- zählt er. Kurz darauf wurde er Mitglied.
Nicht zuletzt dank Düsseldorfs Internationalität muss sich die Gemeinde keine Sorgen um Neumitglieder machen. Auch der Zuzug von Flüchtlingen hat der Gemeinde viele Neueintritte beschert. „Wir sind offen für jeden“, sagt Walton.
Die Anglikaner in Düsseldorf sind jedoch kein Phänomen der Globalisierung, sondern blicken auf eine lange Geschichte zurück. Die Ursprünge gehen auf den Iren William Thomas Mulvany zurück, der 1855 nach Düsseldorf zog und mit seinem Geld den Aufbau einer anglikanischen Gemeinde an der Prinz-Georg-Straße ermöglichte. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude jedoch zerstört. Das heutige Gemeindehaus an der Rotterdamer Straße wurde 1951 gebaut und diente zunächst nur den in Deutschland stationierten britischen Soldaten. In den 1980er öffnete sich die Gemeinde auch für Zivilisten.