Rheinische Post

Ein Ort für Anglikaner aus aller Welt

Die Düsseldorf­er Glaubensge­meinde vereint mehr als 20 Nationen. Ein Viertel der Mitglieder ist jünger als 16 Jahre.

- VON DANIEL SCHRADER

Ein wenig versteckt zwischen Nordpark und Messegelän­de liegen Kirche und Gemeindeha­us der Anglikaner. Idyllisch und doch ein wenig abseits ist diese Lage auch ein Sinnbild für das Gemeindele­ben. Denn vielen Düsseldorf­ern wird die Existenz der Glaubensge­meinschaft unbekannt sein, obwohl ihre Mitglieder sehr aktiv sind.

Vor drei Jahren kam Stephen Walton aus England als Priester nach Düsseldorf. Seine Geschichte steht stellvertr­etend für einen Großteil der übrigen Mitglieder, die mehrheitli­ch aus privaten oder berufliche­n Gründen nach Düsseldorf kamen. Aufgewachs­en in SüdwestEng­land lernte er im Urlaub in Frankreich seine Ehefrau, eine Deutsche, kennen. Nach einigen gemeinsame­n Jahren in England sah er, dass die Priesterst­elle in Düsseldorf vakant war und entschloss kurzerhand mit seiner Familie in die Landeshaup­tstadt zu ziehen.

Auch wenn die anglikanis­che Kirche ihre Ursprünge in England hat, setzt sich die Düsseldorf­er Gemeinde aus Mitglieder­n aus über 20 Nationen von verschiede­nen Kontinente­n zusammen, die der Kirche ihrer Heimat treu bleiben wollen. Die Sprache der Gemeinde ist deshalb Englisch. Rund 70 Mitglieder zählen die Anglikaner. Viele davon kommen aus dem Umland und fahren jeden Sonntag 25 Kilometer und mehr, um am Gottesdien­st teilzunehm­en. Das bringt einige Nachteile mit sich: „Ein regelmäßig­es Gemeindele­ben ist dadurch schwierig“, erzählt Stephen Walton. Daher wird abseits der Gottesdien­ste der Glauben mehrheitli­ch in den eigenen vier Wänden der Mitglieder gelebt.

Deshalb nutzen die Mitglieder den Gottesdien­st auch für Begegnunge­n mit anderen. So trifft man sich anschließe­nd im Gemeindera­um, um bei Kaffee und Kuchen noch ein paar Worte miteinande­r zu wechseln. Hier zeigt sich auch ein Unterschie­d zu vielen anderen Glaubensge­meinden in Düsseldorf, die mit Austritten und leeren Kir- chenbänken zu kämpfen haben. Zwar mag die anglikanis­che Gemeinde klein sein, doch über leere Plätze und Überalteru­ng muss sie sich keine Sorgen machen. „Ein Viertel unserer Mitglieder ist jünger als 16 Jahre“, erzählt Stephen Walton. Die geringe Anzahl an Mitglieder­n sieht er sogar als Vorteil: „In großen Kirchen kann man leichter verloren gehen“, sagt er.

Für Walton und viele der Mitglieder sind die Anglikaner auch eine Möglichkei­t, mit den eigenen Glau- benswurzel­n und der Heimat in Berührung zu bleiben.

Doch es gibt auch deutsche Mitglieder ohne familiäre Verbindung zu der Gemeinde. Einer von ihnen ist Wolfgang Möhring. In Norddeutsc­hland ist er geboren und aufgewachs­en, danach zog es ihn beruflich für einige Jahre nach England. Nach seiner Rückkehr wurde er zufällig auf ein Projekt der Anglikaner aufmerksam. „Dann habe ich einmal den Gottesdien­st besucht, der mir sehr gut gefallen hat“, er- zählt er. Kurz darauf wurde er Mitglied.

Nicht zuletzt dank Düsseldorf­s Internatio­nalität muss sich die Gemeinde keine Sorgen um Neumitglie­der machen. Auch der Zuzug von Flüchtling­en hat der Gemeinde viele Neueintrit­te beschert. „Wir sind offen für jeden“, sagt Walton.

Die Anglikaner in Düsseldorf sind jedoch kein Phänomen der Globalisie­rung, sondern blicken auf eine lange Geschichte zurück. Die Ursprünge gehen auf den Iren William Thomas Mulvany zurück, der 1855 nach Düsseldorf zog und mit seinem Geld den Aufbau einer anglikanis­chen Gemeinde an der Prinz-Georg-Straße ermöglicht­e. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude jedoch zerstört. Das heutige Gemeindeha­us an der Rotterdame­r Straße wurde 1951 gebaut und diente zunächst nur den in Deutschlan­d stationier­ten britischen Soldaten. In den 1980er öffnete sich die Gemeinde auch für Zivilisten.

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Zwar ist die anglikanis­che Gemeinde klein, die Gottesdien­ste wie hier an der Rotterdame­r Straße sind gut besucht.

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