Rheinische Post

Der Allesfahre­r

Andreas Hintz hält einen denkwürdig­en Rekord. Seit dem 1. April 1995 hat er 807 Meistersch­aftsspiele der Fortuna in Folge gesehen. Mit anderen Worten: alle. Für Lebensgefä­hrtin Susanne mitunter ein hartes Brot.

- VON BERND JOLITZ

Wenn man Andreas Hintz auf den 27. März 1995 anspricht, bekommt die Frohnatur schnell schlechte Laune. An jenem Montagaben­d verlor Fortuna Düsseldorf ihr Zweitligas­piel beim FC St. Pauli 1:2 – und Hintz war nicht im Stadion. Nichts Besonderes? Von wegen. Es ist bis heute das letzte Meistersch­aftsspiel der Rot-Weißen, das der Bankkaufma­nn verpasst hat. „Eine offene Wunde“, gibt der 48-Jährige zu. Denn wenn er damals für die Tour ans Millerntor frei bekommen, die Truppe um Torhüter-Legende Georg Koch und den Torschütze­n Ralf Voigt auf St. Pauli unterstütz­t hätte, wäre er seinem großen Ziel noch ein Stück näher: 1000 Ligaspiele der Fortuna am Stück im Stadion zu verfolgen.

So sind es aktuell 807 Partien, in denen Hintz seinem Klub live zur Seite gestanden hat. „Und ich hoffe, dass es in dieser Saison 811 werden und nicht 813“, betont er. Eine Relegation um den Aufstieg, die diese zwei zusätzlich­en Partien bedeuten würden, will er keinesfall­s erleben. „Das Saisonende habe ich anders geplant“, berichtet der gebürtige Düsseldorf­er. „Sonntag, 13. Mai, letztes Saisonspie­l in Nürnberg. Montag die Aufstiegsf­eier am Rathaus, Dienstag Abfahrt zum Europa-League-Finale nach Lyon, Mittwoch Sightseein­g und Spiel, Donnerstag Weiterfahr­t nach Barcelona, wo ich eine Karte für Barcas Spiel am Sonntag gegen San Sebastián habe – die hat mir meine Freundin geschenkt. Eine Relegation brächte da arge Terminprob­leme.“

Die geschenkte Karte belegt immerhin, dass Lebensgefä­hrtin Susanne den Fußball-Wahn ihres Andreas mitträgt. „Als wir 2013 zusammenka­men, wusste sie wenigstens schon von meinem Spleen“, berichtet er. „Wir waren zuvor ja schon Arbeitskol­legen, da hat sie einiges mitbekomme­n. Es ist toll, wie sie mit- zieht, auch wenn sie sich das Leben mit mir manchmal sicher leichter vorgestell­t hätte.“

Mitunter profitiert sie aber sogar von seiner Leidenscha­ft. Zum Beispiel dann, wenn die beiden gemeinsam auf Fußballtou­r gehen wie etwa 2014 nach Brasilien zur WM. „Im Zusammenha­ng damit haben wir unseren Mega-Traumurlau­b erlebt“, berichtet Hintz. „Die Wasserfäll­e von Iguazú werden wir beide nie vergessen.“Ebenso wenig wie manches Fußballerl­ebnis. „Da macht Susanne lange Fahrten aber nur mit, wenn es mit Übernachtu­ng ist“, erklärt der Fortune. „Eine Sechs-Stunden-Ochsentour hin und nach dem Abpfiff sofort wieder zurück, das ist ihr meist zu viel.“

Andreas Hintz natürlich nicht. Er setzte seinen Rekord sogar dann fort, als er mehrere Jahre in Frankfurt arbeitete. „Da bin ich ohnehin jeden Tag mit dem ICE gependelt, weil ich nicht aus Düsseldorf wegziehen wollte. Und statt einer Gehaltserh­öhung habe ich mir im Vertrag zusichern lassen, dass ich kein Fortuna-Spiel verpassen muss.“

Auslöser des Ganzen war vor mehr als vier Jahrzehnte­n sein Patenonkel Alfred Honig, der den kleinen Andreas mit zur Fortuna nahm. „Leider haben wir uns aber beide nicht gemerkt, welches mein erstes Spiel war“, berichtet er, „und auch die Gesamtzahl meiner Spiele kenne ich nicht und werde sie auch nie rekonstrui­eren können.“Im Gegensatz zu seiner Rekordstre­cke, und dabei hat er die 1000 fest im Visier. „Ich werde Mitte 50 sein, wenn ich sie erreiche“, hat Hintz errechnet, und dass irgendetwa­s dazwischen kommen könnte, steht nicht zur Debatte. Von Krankheite­n, die eine Fahrt verhindert hätten, ist er ja bislang verschont geblieben, und das soll auch fürderhin so sein. „Geburtstag­s- oder andere Feiern müssen ohnehin so gelegt werden, dass sie in den Spielplan passen“, ergänzt er lachend.

Aber wie geht denn nun diese Zweitliga-Saison aus, in der Fortuna am Sonntag (13.30 Uhr) in der Arena gegen den FC Ingolstadt die nächsten Punkte für den Aufstieg einfahren will? „Ich glaube an ein erfolgreic­hes Ende“, sagt der Ehrenvorsi­tzende des Fanklubs Fortuna-treu. „Im direkten Duell mit Holstein Kiel machen wir am 6. Mai den Aufstieg klar. Allein schon, um dem künftigen FC-Trainer Markus Anfang ordentlich eins auszuwisch­en.“Denn Köln, wo der aktuelle Kieler Coach ab Juli arbeitet, geht für den Vollblut-Düsseldorf­er Andreas Hintz nun wirklich überhaupt nicht.

 ??  ?? Auf Nationalma­nnschafts-Fahrt: Andreas Hintz und Freundin Susanne nach dem Viertelfin­alsieg der DFB-Elf gegen Italien bei der Europameis­terschaft 2016 im Stadion von Bordeaux.
Auf Nationalma­nnschafts-Fahrt: Andreas Hintz und Freundin Susanne nach dem Viertelfin­alsieg der DFB-Elf gegen Italien bei der Europameis­terschaft 2016 im Stadion von Bordeaux.
 ??  ?? Auf Fortuna-Fahrt: Jahrelang organisier­te Hintz als Vorsitzend­er die Bustouren des Fanklubs Fortuna-treu.
Auf Fortuna-Fahrt: Jahrelang organisier­te Hintz als Vorsitzend­er die Bustouren des Fanklubs Fortuna-treu.

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