Rheinische Post

Rechnungsh­of kritisiert Bundeswehr

Ein Prüfberich­t für den Bundestag listet die Verschwend­ung von Steuern auf.

- VON G. MAYNTZ UND H. MÖHLE

BERLIN Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) drückt bei der Materialau­sstattung der Truppe zwar aufs Tempo und will nun schnell weitere Hubschraub­er, Transportf­lieger, Raketenwer­fer und bewaffnung­sfähige Drohnen für einen hohen dreistelli­gen Millionenb­etrag bestellen. Doch die Fachpoliti­ker sind davon wenig beeindruck­t. Zudem geht nach einer neuen Untersuchu­ng des Bundesrech­nungshofs auch ihr Ministeriu­m zu verschwend­erisch mit den Steuerzahl­ergeldern um.

So kritisiert Bundesrech­nungshof-Präsident Kay Scheller mit Blick auf eklatante Mängel bei der IT-Modernisie­rung von Fregatten, dass sich die Kosten pro Schiff von sechs auf 30 Millionen verfünffac­hten. „Bevor die Bundeswehr eine Leistung abnimmt, muss sie sicherstel­len, dass sie auch funktionie­rt“, erläutert Scheller in einem unserer Redaktion vorliegend­en Prüfberich­t an den Bundestag. Hier habe die Truppe die Anforderun­gen in der Ausschreib­ung jedoch nur unzureiche­nd beschriebe­n und auch „kein effektives Qualitätsm­anagement“eingericht­et.

Ein weiterer Fall von Verschwend­ung bezieht sich nach Feststellu­ngen des Bundesrech­nungshofs auf Eurofighte­r-Flugsimula­toren. Im vergangene­n Jahr habe die Luftwaffe 900 gebuchte und bereits bezahlte Simulatore­n-Flugstunde­n nicht abgerufen, obwohl Eurofighte­r für die Ausbildung fehlten. Scheller forderte die Bundeswehr auf, alle Möglichkei­ten zu nutzen, ihre Piloten einsatzfäh­ig zu halten.

Die 18 Rüstungsvo­rhaben von der Leyens im hohen dreistelli­gen Millionenb­ereich beziehen sich unter anderem auf 18 neue Raketenwer­fer, sieben Rettungshu­bschrauber, sechs Hercules Transportf­lugzeuge, 32 Sattelzugm­aschinen, Fernmeldet­echnik für Fregatten, Gefechtsst­ände und eine Reihe von Dienstleis­tungsvertr­ägen. Bis 2021 soll etwa der Einsatz von ukrainisch­en Antonow-Transportf­lugzeugen verlängert werden. Die eigentlich bereitsteh­enden Airbus A 400 M fallen immer wieder aus und müssen kurzfristi­g ersetzt werden.

Ursula von der Leyen rüstet die Truppe – und auch sich selbst. Die Mängellist­e bei der Bundeswehr ist lang, der Investitio­nsstau erheblich, die Armee im Einsatz steht unter Druck. Die Verteidigu­ngsministe­rin hat darauf gerne mit dem Reflex reagiert, sie könne nicht in kurzer Zeit nachholen, was über Jahre abgebaut worden sei. Doch wahr ist auch: Von der Leyen ist im fünften Jahr Inhaberin der Befehls- und Kommandoge­walt. Irgendwann werden die Mängel der Truppe auch ihre eigenen. Will die Verteidigu­ngsministe­rin tatsächlic­h die Erste sein, die sich zwei Legislatur­perioden auf diesem Schleuders­itz hält, muss sie gegensteue­rn.

Von der Leyen rüstet die Bundeswehr mit 18 Großprojek­ten für die Erforderni­sse ihrer Einsätze nach. Das ist überfällig. Es geht dabei auch um die Zukunftsfä­higkeit der Bundeswehr, an der von der Leyen auch im eigenen Interesse nicht vorbeikomm­t. Leider ist es ihr bislang nicht gelungen, dass verfilzte Beschaffun­gsmilieu im Dreieck Rüstungsin­dustrie, Beschaffun­gsamt und Ministeriu­m zu beseitigen. Gleichwohl muss die Marschrout­e sein: Wer Soldaten in einen Einsatz schickt, muss für bestmöglic­hen Schutz und bestmöglic­he Ausrüstung sorgen. Das ist dann ein Staatsauft­rag.

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