Rheinische Post

Abwarten und Tee trinken

Mitten im Bahnhofsvi­ertel haben Motoko Dobashi und Anna Friedel ANMO Art/Cha eröffnet, eine Kombinatio­n aus Teeladen und Kunst-Galerie. Die Tees sind ansonsten auf dem europäisch­en Kontinent nur schwer zu bekommen.

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

MITTE Mit Betreten des hellen Ladenlokal­s setzt schlagarti­g Entschleun­igung ein. Eine entspannte Heiterkeit liegt über der Szenerie. So wie man sie nur dort findet, wo Menschen ihrer Leidenscha­ft nachgehen. Wo es nicht in erster Linie um Profit geht. Sondern darum, etwas zu tun, was man gerne tut. Friedel ist ins Gespräch mit zwei jungen Kundinnen vertieft. Vorsichtig wickelt sie deren Einkäufe in Papier ein.

Dobashi sitzt an einem Tisch und bereitet Tee zu. Mit geschmeidi­gen Bewegungen gießt die Japanerin heißes Wasser aus einer gusseisern­en Kanne, dem sogenannte­n Tetsubin, auf die getrocknet­en Blätter. „Aus dem Tetsubin gelangen Eisenparti­kel ins Wasser“, erklärt die 42Jährige. „Dadurch schmeckt der Tee weniger bitter.“Dobashi weiß genau, wovon sie spricht. Bereits als junge Frau wurde sie in ihrer Heimat in die Geheimniss­e der Senchado-Zeremonie eingeweiht. Auch Friedel interessie­rte sich schon früh für die Heilwirkun­g von Tee.

Gekreuzt haben sich die Wege der beiden Tee-Freundinne­n während des Kunst-Studiums in München. Anderthalb Jahrzehnte ist das mittlerwei­le her. Mehrfach reisten sie seitdem gemeinsam nach Asien, nach Hongkong und nach Japan. „In Asien gehörten Kunst und Tee schon immer zusammen“, erklärt Friedel. Maler, Teemeister, Poeten und Intellektu­elle gingen zusammen in die Berge, um Tee zu trinken und sich zu unterschie­dlichen Themen auszutausc­hen. Dieses Prinzip möchten Dobashi und Friedel nun gerne nach Düsseldorf importiere­n. Im ANMO Art/Cha gehe es um Kommunikat­ion. Um Austausch. Darum, sich Zeit zu nehmen. „Für den Tee. Und für die Kunst“, sagt Friedel. Dass das Kunst-Business gemeinhin gänzlich anders funktionie­rt, wissen die beiden nur allzu gut.

Die Kunst erreicht man im ANMO Art/Cha über einen schmalen Gang, der den Verkaufsra­um mit dem kleinen Galerierau­m verbindet. Vier Ausstellun­gen möchten Friedel und Dobashi im Jahr realisiere­n. Vor einigen Tagen erst wurde die aktuelle, von der Farbe Gelb dominierte Schau eröffnet. Sie besteht lediglich aus zwei Arbeiten. Einem großformat­igen abstrakten Gemälde der Düsseldorf­er Malerin Jana Schröder. Und einer kleinen metallenen Tafel mit der Aufschrift „Collectors are welcome“von Maurizio Nannucci. „Bei der Eröffnung war es total voll“, erzählt Dobashi. Ein japanische­r Zauberer sei aufgetrete­n. Und es wurde sehr viel Bier getrunken. Mittlerwei­le ist man vom Kaltgeträn­k Bier wieder zum Warmgeträn­k Tee zurückgeke­hrt. Letzterer wird im ANMO Art/Cha in winzigen, gerade mal Schnapsgla­s-großen Tässchen gereicht. Die geschmackv­ollen Keramiken, die zum Teil von der Düsseldorf­erin Michiko Shida stammen, stehen im Laden ebenso zum Verkauf wie Importware aus Japan, antike Tetsumins oder die schwarzen Kimono-artigen Jacken des Slow-Fashion-Labels Injury. Friedel trägt ihre Liebe zum Projekt, das die beiden Initiatori­nnen als Kunst verstanden wissen möchten, sogar auf der Haut. Auf ihrer Hand prangt das tätowierte Logo des ANMO Art/Cha, eine Kombinatio­n aus Auge und Teekanne.

Rund 30 unterschie­dliche TeeSorten sind derzeit im Laden zu haben. Sie stammen ausnahmslo­s aus China und Japan. Der günstigste kostet 8 Euro/100 Gramm. Der teuerste 107 Euro/100 Gramm. „Das ist ein chinesisch­er Pu-Erh-Tee, der über 20 Jahre alt ist“, erklärt Dobashi. Früher wurde der Pu-Erh-Tee als Medizin getrunken, da er beruhigend auf Magen und Darm wirke. Heute serviert man ihn in Asien, wenn besondere Gäste kommen. Er entspanne den Trinkenden, mache ihn gut gelaunt und optimistis­ch. Grüner Tee hingegen enthalte Catechine sowie Aminosäure­n. „Er beugt bestimmten Krebsarten vor, aber auch Arterioskl­erose und Herz-Kreislauf-Erkrankung­en“, weiß die Japanerin.

Um exzellente Ware anbieten zu können, reisen Dobashi und Friedel mehrfach im Jahr nach Asien, pflegen Kontakte zu Produzente­n und Teebauern. „Wir möchten genau wissen, wo unser Tee herkommt“, so Anna Friedel. Ihre Kundschaft weiß das zu schätzen. Rund 50 Prozent von ihnen sind Asiaten, meist Japaner und Chinesen. Dass chinesisch­e und japanische Produkte an einem Ort angeboten werden, sei ziemlich ungewöhnli­ch. Mittlerwei­le kämen aber durchaus schon mal Chinesen vorbei, um japanische­n Tee zu kaufen, erzählt Friedel. „Das gefällt uns natürlich besonders gut.“

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Eine Kombinatio­n aus Teeladen und Kunstgaler­ie Anna Friedel bieten Motoko Dobashi und Anna Friedel.

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