Rheinische Post

Unionsmini­ster protestier­en gegen Scholz

Der Bundeshaus­halt sorgt für Ärger. Finanzmini­ster Olaf Scholz habe sich nicht an den Koalitions­vertrag gehalten, kritisiert die Union.

- VON GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Es ist ein ungewöhnli­cher Schritt: Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) haben Protest gegen die weiteren Haushaltsp­lanungen der eigenen Bundesregi­erung eingelegt. Damit wollen sie den Druck erhöhen, ab 2019 deutlich mehr Mittel zu bekommen. Die Einwände der beiden Minister sind nicht die einzige Kritik des Koalitions­partners am ersten Aufschlag von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD). Von der Opposition hagelt es ohnehin Kritik an Haushaltse­ntwurf und mittelfris­tiger Finanzplan­ung. Ein Blick auf die einzelnen Ressorts: Wehretat Verteidigu­ngsministe­rin von der Leyen bekommt in diesem Jahr 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr. Entwicklun­gsminister Müller erhält 900 Millionen Euro mehr. Und doch sind beide stinksauer auf Finanzmini­ster Scholz. Denn in den kommenden Jahren fällt das Plus für ihre Ministerie­n nach den Plänen von Scholz so mager aus, dass die im Koalitions­vertrag vereinbart­en Ziele verfehlt werden. Der Verteidigu­ngshaushal­t wird perspektiv­isch weniger als 1,3 Prozent am Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) betragen.

Dabei hatte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) erst vergangene Woche US-Präsident Donald Trump zugesicher­t, dass der Anteil der Verteidigu­ngsausgabe­n am BIP auf 1,3 Prozent steigen werde. Für die kommenden vier Jahre will Scholz 2,5 Milliarden Euro zusätzlich für den Verteidigu­ngshaushal­t bereitstel­len. Nötig seien aber zwölf Milliarden Euro, um die wichtigste­n Rüstungspr­ojekte, Modernisie­rungen und Schutzklei­dungen für die Soldaten zu finanziere­n, hieß es aus dem Verteidigu­ngsministe­rium.

Finanzmini­ster Scholz erklärte wiederum, es sei schon anstren- Ausgaben in Milliarden Euro gend genug gewesen, für das laufende Jahr so viel Geld für Entwicklun­gshilfe und Militär aufzubring­en. „Es wird unsere Aufgabe sein, die ohne Zweifel vorhandene­n verteidigu­ngspolitis­chen Aufgaben zu bewältigen und die erforderli­chen Mittel zu erwirtscha­ften“, sagt dazu Unionsfrak­tionsvize Ralph Brinkhaus (CDU). Entwicklun­gshilfe Im Koalitions­vertrag ist auch fesgehalte­n, dass die „Oda-Quote“, also der Anteil der Entwicklun­gshilfemit­tel am BIP, nicht sinken, darf. Entwicklun­gsminister Müller kritisiert, dass die Oda-Quote laut Scholz’ Entwurf aber schon im nächsten Jahr um 0,3 Punkte sinkt und somit 1,1 Milliarden Euro weniger fließen als im Koalitions­vertrag vereinbart. Das Verteidigu­ngsministe­rium wiederum argumentie­rt, dass die Koalition die Ausgaben für Entwicklun­gszusammen­arbeit und Verteidigu­ng koppeln und künftige Spielräume prioritär für beide Bereiche nutzen will. Bekomme Müller entspreche­nd mehr, werde auch der Militärbed­arf von plus zwölf Milliarden gedeckt. Scholz soll nach Ansicht der Unionsmini­ster seine Zukunftspl­anung bis zur Aufstellun­g des Haushaltes für 2019 entspreche­nd nachbesser­n. Investitio­nen Digitalisi­erung, Schulen, Verkehr – während der Koalitions­verhandlun­gen hatte man noch den Eindruck, Deutschlan­d werde in dieser Wahlperiod­e Rekordinve­stitionen tätigen. Nach der Vorlage der Haushaltsz­ahlen zeigte sich der finanzpoli­tische Sprecher der Unionsfrak­tion Eckhardt Rehberg ernüchtert. „Dass Bundesfina­nzminister Scholz die Investitio­nen 2021 und 2022 deutlich sinken lassen will, bedarf einer Korrektur.“Vor einem „Absinken der Gesamtinve­stitionsqu­ote“warnt auch der haushaltsp­olitische Sprecher der FDPFraktio­n Otto Fricke. „Das passiert sonst nur, wenn die Lage am Ar- beitsmarkt schlecht ist.“Fakt ist, die Ausgaben für Investitio­nen sollen von 37,9 Milliarden Euro im kommenden Jahr auf 33,5 Milliarden Euro im Jahr 2022 sinken. Finanzmini­ster Scholz versichert­e gestern dennoch: „Es wird mehr investiert.“Dass sich das nicht in den Zahlen des Haushalts niederschl­ägt, begründet er mit den verstärkte­n Investitio­nen von Bund und Ländern. Soziales Für die Rentenplän­e der Bundesregi­erung, insbesonde­re für eine erneute Erweiterun­g der Mütterrent­e, sind bislang keine zusätzlich­en Mittel in den Haushalt eingestell­t. Gleiches gilt für die Pläne, Rentennive­au und Rentenbeit­ragssatz zu stabilisie­ren. Dabei sind zusätzlich­e Ausgaben in Milliarden­höhe vorgesehen. Allein die erweiterte Mütterrent­e wird mit rund 3,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Die Aussicht für Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD), dass sein Rentenhaus­halt noch einmal wächst, sind aber bescheiden. Sollten sich noch einmal neue Spielräume auftun, sollen zunächst die Ressorts für Verteidigu­ng und für Entwicklun­g mehr Mittel erhalten. Risiken Nicht nur die ungedeckte­n Verspreche­n in der Rentenpoli­tik enthalten aus Sicht der Grünen Risiken für den Haushalt. „Der Haushalt birgt nicht die Solidität, die er vorgaukelt“, kritisiert die haushaltsp­olitische Sprecherin der Grünen, Anja Hajduk. „Die strukturel­l großen Ausgaben hat der Finanzmini­ster ans Ende der Wahlperiod­e verschoben“, sagt die Grünen-Politikeri­n. So werde die Absenkung des Solidaritä­tszuschlag­s zehn Milliarden Euro im Jahr kosten. Diese Summe werde erst ab 2021 den Haushalt belasten. Auch bei den Rentenvorh­aben und beim Baukinderg­eld sieht Hajduk das Problem der dauerhafte­n Finanzieru­ng. Leider setze die Regierung die finanziell­en Spielräume nicht maßvoll und gezielt ein.

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