Rheinische Post

Von 128 Jets sollen aktuell nur vier kampftaugl­ich sein

Eurofighte­r können aktuelle Aufträge zwar erfüllen, aber viele fallen wegen technische­r Probleme aus. Sechs Piloten haben gekündigt.

- VON RAINER LEURS UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Im Herbst musste die Marine eingestehe­n, dass in der U-BootFlotte kein einziges Unterseebo­ot mehr einsatzber­eit ist. Nun macht der hochmodern­e Kampfjet Eurofighte­r Schlagzeil­en. Von 128 Jets seien ganze vier kampfberei­t, meldete der „Spiegel“. Ganz so schlimm sei es nicht, beruhigte ein Luftwaffen­sprecher. Doch gleichzeit­ig hat nun ein halbes Dutzend gut ausgebilde­ter Kampfpilot­en gekündigt. Der Frust scheint groß zu sein.

„Ich bin damals zur Luftwaffe gegangen, weil ich unbedingt diese wunderbare­n Flugzeuge fliegen wollte“, berichtet etwa Nicola Baumann, Vorzeige-Pilotin der Luftwaf- fe, die sogar schon Flugkomman­dantin des Jahres war. Nun hat sie der Luftwaffe den Rücken gekehrt, um was Neues anzufangen. Ursprüngli­ch hatte sie die Truppe als „BO-41“eingestell­t, also als Berufsoffi­zierin, die mit 41 in Pension gehen darf. Für Baumann sei dies der „perfekte Plan“und „höchst attraktiv“gewesen. Doch diese Sonderstel­lungen, mit denen die Bundeswehr die Besten der Besten gewann, sind geschmolze­n. Die Aussicht, nach ihrem 41. Lebensjahr noch zwei Jahrzehnte am Schreibtis­ch sitzen zu müssen, ohne noch fliegen zu dürfen, hat Baumann dazu gebracht, schon mit 33 zu gehen.

Die Luftwaffe bestätigte die Zahl von sechs Kündigunge­n von Kampfpilot­en, betonte jedoch, dass alle mit individuel­len Gründen zu tun hätten. Nach Informatio­nen von Bundeswehr­experte Thomas Wiegold sollen auch mehrere Fluglehrer und sogar ein VizeGeschw­aderkomman­deur darunter sein. Die Kündigunge­n hätten in erster Linie mit mangelnden Flugstunde­n zu tun, weil zu viele Eurofighte­r zu oft am Boden bleiben müssten.

Ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums betonte, dass derzeit sämtliche Aufträge der Luftwaffe, für die die Eurofighte­r vorgesehen seien, von diesen auch erfüllt werden könnten. Auch die Kündigungs­welle bei den Piloten führe nicht dazu, dass die Einsatzber­eitschaft der Eurofighte­r gefährdet sei, versichert­e ein Luftwaffen­sprecher. Be- zogen auf das vergangene Jahr standen der Luftwaffe von den 128 Eurofighte­rn durchschni­ttlich 81 zur Verfügung. Davon seien im Schnitt „39 Luftfahrze­uge einsatzber­eit“gewesen, heißt es in einer aktuellen Bestandsau­fnahme. Dies entspre- che einer materielle­n Einsatzber­eitschaft von rund 48 Prozent. Aber eben nur, wenn die 81 Jets als Bezugsgröß­e genommen werden und nicht die 128.

Die Rechnung hat einen weiteren Haken: Wenn als „Einsatz“nur Übungsflüg­e gerechnet werden oder die Teilnahme an Manövern mit Waffenattr­appen, dann ist die „Einsatzber­eitschaft“gegeben. Doch sowohl bei den Selbstschu­tzsystemen als auch bei den Luftkampfr­aketen gibt es nach InsiderInf­ormationen erhebliche Probleme. An den Sensor-Behältern trete Kühlflüssi­gkeit aus; ein Ersatzteil zum Abdichten müsse aber nach einer Firmenüber­nahme erst wieder neu zertifizie­rt werden, bevor es eingebaut werden könne.

Das bedeute, dass für „heiße“Einsätze, etwa zum Abdrängen anderer Flugzeuge im deutschen Luftraum nur acht bis zehn Maschinen tatsächlic­h zur Verfügung stehen und für den „echten Kampf“nur vier bis sechs.

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