Rheinische Post

Abbas erbost Israel mit antisemiti­scher Rede

- VON SUSANNE KNAUL

JERUSALEM Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas hat mit einer antisemiti­schen Rede in Ramallah die israelisch­e Führung erzürnt. Die Juden seien durch ihre „soziale Funktion“und als „skrupellos­e Geldverlei­her“selbst schuld an den Pogromen in Europa und dem Holocaust, erklärte er am Montag vor dem Nationalra­t, dem Parlament der Palästinen­sischen Befreiungs­organisati­on (PLO). Abbas, so kommentier­te Israels Bildungsmi­nister Naftali Bennett von der Siedlerpar­tei Israel Beteinu, sei „von Kopf bis Fuß von Antisemiti­smus durchtränk­t“. Regierungs­chef Benjamin Netanjahu sprach von dem „Gipfel von Unwissenhe­it und Frechheit“.

„Die Verantwort­ung für das grausamste Verbrechen der Menschheit­sgeschicht­e trägt Deutschlan­d“, sagte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) gegenüber der „Welt“. Deutschlan­d trete gegen jegliche Relativier­ung des Holocaust ein. Die Erinnerung „bleibt uns Mahnung und Auftrag, weltweit jeder Form von Antisemiti­smus sehr entschloss­en zu begegnen“, so der Minister.

Der Palästinen­serpräside­nt gibt sich gern als Kenner des Holocaust. 1982 promoviert­e er in Moskau über die geheime „Verbindung zwischen Nationalso­zialismus und Zionismus“. Vor wenigen Jahren erschien mit Bezug auf seine Dissertati­on das Buch „Die zweite Hälfte“. Gemeint ist die zweite Hälfte der Verantwort­ung für den Mord an den Juden in Europa. Die zionistisc­he Bewegung, so erklärt Abbas in dem Buch, „stieß nicht auf großen Enthusiasm­us unter den Juden in der Welt“. Die Verfolgung der Juden in Europa habe ihre Bereitscha­ft zum Umzug nach Palästina angetriebe­n. Außerdem hofften die Zionisten „mit steigender Opferzahl auf größere Privilegie­n nach dem Krieg“.

Später relativier­te der Palästinen­serpräside­nt seine Thesen, nannte den Holocaust ein „schrecklic­hes, unverzeihb­ares Verbrechen gegen die jüdische Nation“und korrigiert­e die von ihm anfangs auf nur gut 800.000 veranschla­gte Zahl der in Konzentrat­ionslagern ermordeten Juden. Abbas gilt als Pragmatike­r. Bereits in den 70er Jahren unterhielt er Kontakte zur israelisch­en Linken. Gemeinsam mit dem früheren israelisch­en Außenminis­ter Schimon Peres unterzeich­nete er 1993 das Oslo- er Prinzipien­abkommen zur schrittwei­sen Autonomie und Zweistaate­nlösung. Dennoch kommt ihm, ob gewollt oder nicht, regelmäßig ein Satz über die Lippen, der ihn als Antisemite­n entlarvt. So schimpfte er während der Krise um den Tempelberg auf die „dreckigen jüdischen Füße“, die die heilige muslimisch­e Plattform vor der Al-Aksa-Moschee nicht betreten sollten.

Fast 50 Jahre verbrachte Abbas im Exil, nachdem er als 13-Jähriger aus seiner Heimatstad­t Sefad fliehen musste. Seit seiner Rückkehr 1994 nach Ramallah verfolgt er einen Balanceakt zwischen scharfer anti-israelisch­er und bisweilen anti-jüdischer Polemik einerseits und Realpoliti­k auf der anderen Seite. Auch seine Rede vor dem PLO-Nationalra­t spiegelte die zwei Herzen des Palästinen­serpräside­nten. „Wir stehen auf der Seite derer in Israel, die den Frieden unterstütz­en“, sagte er und bekräftigt­e seine Bereitscha­ft zur Kooperatio­n mit dem Ziel der zwei Staaten.

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Mahmud Abbas (82) gibt sich gerne als Kenner des Holocaust.

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