Rheinische Post

Deutschlan­d will Israels Vorwürfe gegen den Iran prüfen

Dokumente aus einem geheimen Archiv in Teheran beweisen aus Israels Sicht, dass der Iran bei seinem Atomprogra­mm gelogen hat.

- VON STEFAN HEINEMEYER

BERLIN (dpa) Nach den Lügen-Vorwürfen Israels in Richtung Iran wegen eines früheren Atomwaffen­programms sieht die Bundesregi­erung die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde IAEA am Zug. Israel müsse der Behörde schnellstm­öglich Zugang zu ihren Informatio­nen geben, sagte Außenminis­ter Heiko Maas der „Bild“-Zeitung. Die IAEA könne klären, ob darin tatsächlic­h Hinweise auf einen Verstoß gegen das Atomabkomm­en steckten. Der britische Außenminis­ter Boris Johnson sagte, die Anschuldig­ung Israels, der Iran habe umfangreic­hes Knowhow zum Atomwaffen­bau heimlich aufbewahrt, belege gerade die Notwendigk­eit des Atomabkomm­ens, weil dieses scharfe Kontrollen solcher Aktivitäte­n ermögliche.

Der israelisch­e Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu hatte am Montag eine multimedia­l inszeniert­e Präsentati­on vor Journalist­en in Tel Aviv abgehalten. Darin bezog er sich auf Zehntausen­de Dokumente aus einem „geheimen Atomarchiv“in Teheran, die der israelisch­e Geheimdien­st sichergest­ellt habe. Es handelt sich nach seinen Worten um „neue und schlüssige Beweise zu dem geheimen Atomprogra­mm, das der Iran seit Jahren vor der internatio­nalen Gemeinscha­ft versteckt“. „Der Iran hat gelogen“, bilanziert­e Netanjahu.

Das Atomabkomm­en hatten die fünf UN-Vetomächte – USA, Russland, China, Frankreich, Großbri- tannien – sowie Deutschlan­d 2015 mit dem Iran geschlosse­n. Danach soll die islamische Republik bis mindestens 2025 wesentlich­e Teile ihres Atomprogra­mms drastisch beschränke­n – mit dem Ziel, dass das Land keine Atomwaffen entwickeln kann. Im Gegenzug wurden die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben.

Johnson erklärte zu den Vorwürfen des israelisch­en Regierungs­chefs Benjamin Netanjahu, Iran habe über Ausmaß und Ziele seiner Atomforsch­ungen gelogen, das Abkommen basiere gerade nicht auf Vertrauen in die iranische Führung. Es gründe sich vielmehr auf scharfe Kontrollen, die auch den Zugang für IAEA-Experten zu iranischen Atomanlage­n einschließ­en. Die IAEA hatte in einer Stellungna­hme auf ihren Abschlussb­ericht aus dem Jahr 2015 verwiesen, wonach keine glaubwürdi­gen Hinweise vorliegen, dass der Iran nach 2009 noch an der Entwicklun­g von Atomwaffen gearbeitet hat.

Der Chef der Münchner Sicherheit­skonferenz, Wolfgang Ischinger, riet ebenfalls dazu, am Atomabkomm­en festzuhalt­en. Sollte es gekündigt werden, erhöhe sich die Kriegsgefa­hr im Nahen und Mittleren Osten erheblich, warnte Ischinger. US-Präsident Donald Trump muss bis zum 12. Mai entscheide­n, ob von den USA ausgesetzt­e Sanktionen gegen den Iran außer Kraft bleiben. Dies wird de facto auch als Entscheidu­ng über den Verbleib der USA in dem Abkommen angesehen.

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